19.07.2011

Verstrahltes Fleisch aus Fukushima
Liefer-Stop für japanische Rinder

AKW Fukushima Daiichi, Cryptome 14, verkleinert Tokio (LiZ). Bereits vor zehn Tagen wurde bekannt, daß radioaktiv kontaminiertes Fleisch von sechs Rindern aus der Region um das vom Super-GAU betroffene AKW Fukushima Daiichi an Schlachthöfe in ganz Japan geliefert und verzehrt wurde. Die japanische Regierung beschwichtigte und sprach von einem "isolierten Einzelfall." Doch jetzt mußte das Landwirtschaftsministerium alle Rindfleisch-Lieferungen aus der Präfektur Fukushima stoppen, nachdem durchgesickert war, daß es sich um mindestens 648 Rinder gehandelt hat. Immer größere Mengen radioaktiv kontaminiertes Fleisch waren aufgetaucht.

Die japanische Regierung hat heute einen Liefer-Stop über sämtliches Fleisch aus der Präfektur Fukushima verhängt. Sie sah sich hierzu gezwungen, nachdem neue Funde von radioaktiv kontaminiertem Fleisch im ganzen Land aufgetaucht waren. Für erhebliche Proteste sorgte, daß dieses Fleisch zum Teil bereits verzehrt worden war.

Bereits bei dem Fall, der am 9. Juli bekannt geworden war, überschritt das Fleisch den von der japanischen Regierung festgesetzten Grenzwert von 500 Becquerel um ein Vielfaches. Wenige Tage darauf erfuhr die Öffentlichkeit von mehr als 40 radioaktiv kontaminierten Rindern, deren Fleisch frei verkauft worden war. Am Wochenende kamen weitere 82 Rinder hinzu. Bis heute stieg die Zahl der entdeckten radioaktiv kontaminierten Rinder auf 648. Diese Tiere hatten offenbar radioaktiv kontaminiertes Futter gefressen und ihr Fleisch war dennoch in den Verkauf gelangt.

Rund hundert der bis dato entdeckten 648 Rinder stammten von Höfen außerhalb der Präfektur Fukushima. Zudem wurde bekannt, daß die am 9. Juli entdeckten Fälle nur durch Zufall ans Licht kamen. Die Kontrollen, mit denen die japanische Regierung die Bevölkerung beschwichtigen will, sind lediglich Stichproben. Nun versucht Regierungs-Sprecher Yukio Edano es mit der Erklärung, die Regierung habe nicht bedacht, daß radioaktiver Regen Gemüse belastet; sie habe es auch unterlassen, den LandwirtInnen mitzuteilen, daß sie ihren Tieren keine im Freien gelagerten Futtermittel zu fressen geben dürfen. Die betroffenen LandwirtInnen sollen nach Angaben des Regierungssprechers Entschädigungen bekommen.

Besonders beunruhigt es die Menschen in Japan, daß offenbar Heu aus Motomiya - 70 Kilometer westlich der AKW-Ruinen von Fukushima Daiichi mit bis zu 690.000 Becquerel Cäsium pro Kilogramm kontaminiert war. In der Präfektur Fukushima selbst war Grünfutter entdeckt worden, bei dem die Belastung mit radioaktivem Cäsium bis zu 157.000 Becquerel betrug. Deutlich überhöhte Radioaktivitätswerte wurden auch in Heu aus Tome und Kurihara in der Präfektur Miyagi - 160 Kilometer nördlich von Fukushima Daiichi - gefunden. Und sogar in Heu in einer Gemeinde an der japanischen See.

Landwirtschaftliche Produkte, die aus so großer Entfernung vom Super-GAU stammen, galten bislang in Japan als unbedenklich. Es wurden ebenfalls nur Stichproben überprüft. Auch der "Katastrophen-Manager" der japanischen Regierung, Minister Goshi Hosono, versuchte, die Bevölkerung zu beschwichtigen. "Wenn Sie nicht täglich davon essen, hat dieses Fleisch keinen großen Effekt auf Ihre Gesundheit," erklärte er.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Anti-Atom-Demo in Japan
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      zur Reaktor-Katastrophe von Fukushima
      US-ExpertInnen befürchten negative Entwicklung
      in den kommenden Monaten
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