17.04.2010

Hormone im Klärwasser

Arzneimittelrückstände bedrohen Fische

Goldfischglas Göteborg (LiZ). Bedienstete in Kläranlagen konnten bis vor Kurzem den BesucherInnen am Tag der Offenen Tür stolz und mit bestem Wissen und Gewissen erklären, das Wasser, das die Kläranlage verlasse, sei sauberer als von der strengen deutschen Trinkwasserverordung gefordert. Doch die Chemie ist eine unvollkommene Wissenschaft: Mit ihrer Hilfe können wir in der Regel nur das finden, wonach wir suchen - und dies setzt in diesem Falle eine Hypothese voraus, mit welcher chemischen Substanz das Wasser belastet sein könnte. Nun haben ForscherInnen Umea Universität und der Sahlgrenska Academy an der Universität Göteborg herausgefunden, daß Fische, die in behandelten Abwässern schwimmen, mit Arzneimittel-Rückständen in erheblichem Umfang belastet sind.

Ein Goldfisch-Becken, das mit Klärwasser gespeist wird, ist eines der gerne vorgezeigten Attraktionen in Klärwerken. Im Blut der untersuchten Fische fand sich nach der aktuellen Studie jedoch ein höherer Wert des Hormons Levonorgestrel als in einer Frau, die eine Verhütungspille mit diesem Hormon einnimmt. Erhöhte Werte der Substanz können zu Unfruchtbarkeit bei Fischen führen, berichten nun die ForscherInnen um Joakim Larsson im Fachmagazin Environmental Science and Technology. Sie hatten Fische untersucht, die in geklärten Abwässern in Stockholm, Umea und Göteborg leben.

"Das Ergebnis war erstaunlich, denn die Menge des in hormonellen Verhütungsmitteln häufig verwendeten Levonorgestrel, die wir in den Fischen gefunden haben, lagen bei rund einem Nanogramm pro Liter", so Larsson. In einer vorangegangenen deutschen Studie kamen ForscherInnen zum Ergebnis, daß weniger als ein Nanogramm des Hormons ausreiche, um die Reproduktion der Fische zu stoppen.

Die untersuchten Fische stammten aus nicht verdünnten gereinigten Abwässern. "In freier Wildbahn wird das gereinigte Abwasser noch weiter verdünnt und damit das Risiko verringert", erklärte Larsson. Er fügte jedoch hinzu, es gebe auch Wasserläufe, die weniger oder kaum verdünntes behandeltes Abwasser führen. "Klar wird in der Studie jedenfalls, welche Substanzen aus den Abwässern unbedingt entfernt werden müssen," so Larsson.

Auf insgesamt 25 verschiedene Arzneimittelrückstände haben die WissenschaftlerInnen um Lasson die Fische untersucht. "Allerdings konnten wir von keiner Substanz derart hohe Werte feststellen wie vom synthetischen progesteron-ähnlichen Levonorgestrel." Immerhin ist seit knapp zehn Jahren ist bekannt, daß synthetisches Östrogen aus der Antibabypille trotz Abwasserbehandlung schädlich für Fische und andere Meereslebenwesen wie Muscheln und Schnecken ist.

Kombinierte Antibabypillen enthalten verschiedene Sexualhormone wie etwa synthetisches Östrogen und progesteron-ähnliche Hormone. Die Prozent-Anteile der verschiedenen Hormone, die in den einzelnen Präparaten enthalten sind, variieren. "Doch Levonorgestrel ist in sehr vielen Antibabypillen, Hormonimplantaten und Pille-Danach-Produkten enthalten," erklärt Lasson. Weltweit nehmen laut offiziellen Schätzungen zwischen 80 und 90 Millionen Frauen hormonelle Verhütungsmittel. Auf umweltverträglichere Präparate umzusteigen, ist nicht selten eine Frage der Produktionskosten. Die Preise von Arzneimitteln hingegen basieren in aller Regel nicht auf dem "Gesetz" von Angebot und Nachfrage.

 

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