17.07.2010

Gen-Mais-Skandal
Nur Mecklenburg-Vorpommern informiert
Pioneer-Konzern verweigert Entschädigung

Gen-Mais Berlin (LiZ). Als einziges Bundesland hat bislang Mecklenburg-Vorpommern in dem von Niedersachsen ausgehenden Gen-Mais-Skandal Angaben gemacht, wo der vom Gentech-Konzern Pioneer stammende, mit Gen-Mais kontaminierte Mais angepflanzt wurde. Anfang Juni war bekannt geworden, daß die gen-kontaminierte Mais-Saat in insgesamt sieben Bundesländern verteilt worden ist. Mitverursacher waren niedersächsische Ministerien, die über einen Monat Zeit verstreichen ließen, bis sie die ihnen vorliegenden Informationen an die LandwirtInnen weitergaben. Da war die kontaminierte Mais-Saat jedoch bereits ausgesät.

Greenpeace und der Anbauverband Bioland kritisieren, daß es bei der bestehenden Informations-Blockade der Behörden in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nicht möglich ist, vor dem Saatgut zu warnen. "Auch die anderen Bundesländer müssen jetzt veröffentlichen, wo der illegale Gen-Mais ausgesät wurde. Nur so können sich benachbarte Landwirte, Saatguthersteller, Imker und Gärtner darüber informieren, ob ihnen Schaden droht," erklärt Stephanie Töwe, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. Die Flächen müßten zudem im Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für jeden zugänglich eingetragen werden.

Außer im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist ohne die gebotene Transparenz nicht zu überprüfen, ob die von allen sieben betroffenen Landesregierungen angeordnete Vernichtung der kontaminierten Mais-Anpflanzungen auch realisiert wird. Die baden-württembergische Landesregierung verweigert die Information, obwohl im "Ländle" rund 90 Landwirte mit insgesamt 640 Hektar Anbaufläche vom Gen-Mais-Skandal betroffen sind.

Greenpeace kritisiert zudem den Gentech-Konzern Pioneer, der eine Entschädigung der betroffenen LandwirtInnen bislang verweigert. "Das macht den Skandal perfekt. Pioneer muß die Landwirte umgehend und angemessen entschädigen," fordert Bioland-Präsident Thomas Dosch. Die Forderung aus der Saatgutbranche und von Partei-PolitikerInnen, Schwellenwerte für "gentechnische Verunreinigungen" im Saatgut einzuführen, lehnen Bioland und Greenpeace entschieden ab. "Ein Recht auf Verschmutzung darf es nicht geben. Die EU-Regelung der Nulltoleranz muß Bestand haben," so Thomas Dosch.

Nach der gültigen EU-Regelung darf Saatgut nicht vermarktet werden, wenn es auch nur minimale Spuren von nicht zugelassenen Gen-Sorten enthält. Bioland und Greenpeace fordern zudem, Saatgut unabhängig überprüfen zu lassen, damit die Firmen ihre Qualitätssicherung verbessern. Bislang sind nach Aussagen des Sprechers des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Gert Hahne, die Hersteller für die Kontrolle des Saatgutes zuständig und nicht die Behörden.

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hatte die Anfang März erhaltenen Information, daß Mais-Saatgut des Gentech- und Agro-Konzerns Pioneer mit der genmanipulierten Sorte NK603 verunreinigt war, erst Mitte April weitergegeben. Mais der Sorte NK603 ist in der EU nicht zum Anbau zugelassen. Die Ergebnisse der regelmäßig im Frühjahr durchgeführten Saatgutproben müssen bis zum 31. März veröffentlicht werden. Bislang ist offenbar auch niemand in den niedersächsischen Ministerien zur Rechenschaft gezogen worden. Dies wirft ein besonderes Licht auf die Rolle des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und jetzigen Bundespräsidenten Christian Wulff.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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