8.09.2010

Gen-Mais in Mexiko
Monsanto und die Zerstörung eines Weltkulturerbes

Gen-Mais Mexico City (LiZ). Die Kultivierung des Mais gelang der Menschheit vor Tausenden Jahren in Mexiko. Nirgendwo auf der Welt ist der Sortenreichtum dieses Getreides größer als in diesem Land Zentral-Amerikas. Um dieses Weltkulturerbe zu schützen, war bislang in Mexiko der Anbau genmanipulierter Mais-Sorten verboten. Doch der Gentech-Konzern Monsanto unternimmt einen neuen Anlauf, diese Bastion zu schleifen. Die mexikanische Regierung genehmigte nun den Anbau von Gen-Mais im Land.

Die mexikanische Regierung hat beschlossen, den Anbau genmanipulierter Mais-Sorten zu fördern. KritikerInnen sehen das Kulturerbe Mexikos in Gefahr. Sie widersprechen den Verheißungen des Gentech-Konzerns Monsanto, mit genmanipuliertem Mais könne Hunger und Armut besiegt werden. Doch die Regierung hat drei Anträge Monsantos auf Aussaat von Genmais auf 30.000 Hektar in Sinaloa genehmigt. Dieser Anbau wird als "Pilotphase" angekündigt. 80 Prozent der Agrar-Subventionen Mexikos fließen inzwischen in die Kassen der Großproduzenten im Norden des Landes. Monsanto investiert in Mexiko 200 Millionen US-Dollar, für den Konzern ein Bruchteil der Porto-Kasse. Bis 2012 will Monsanto kommerziell Gen-Mais in Mexiko anbauen.

Der - noch vorläufige - Durchbruch des Gentech-Konzerns kann einschneidende Konsequenzen haben. Weltweit hat sich gezeigt, daß wegen der Verbreitung der Mais-Pollen durch Wind und Bienen über einen Umkreis von mehreren Kilometern und infolge der unvermeidbaren Vermischung bei der Ernte und Verarbeitung eine schleichende genetische Verunreinigung des natürlichen Gen-Pools der Mais-Sorten droht. Diese Gefahr ist um so größer, da die mexikanische Regierung mit ihrer Wortwahl von der "Pilot-Phase" zu erkennen gibt, daß sie die Tür für eine kommerzielle Einführung von Gen-Mais in großem Stil zu öffnen gedenkt. Die Kontaminierung aller herkömmlichen Mais-Sorten wäre dann nicht mehr zu stoppen.

Neben der Vernichtung eines bedeutenden Weltkulturerbes drohen mit der Einführung von Gen-Mais eine ganze Reihe weiterer Gefahren für die mexikanische Landwirtschaft. Überall dort, wo Gentech-Konzerne wie Monsanto den Fuß in die Tür bekamen, beherrschten sie Dank des Patentrechts in kurzer Zeit den gesamten Markt. Die Verheißung, mit ihren Gen-Pflanzen einen höheren Ertrag und zugleich geringeren Pestizideinsatz - und damit auch höhere Gewinne für die LandwirtInnen - zu bringen, stellte sich bereits nach drei Jahren als Betrug heraus. Denn bereits im vierten Jahr des Anbaus von Gen-Mais mußte im Durchschnitt eine größere Menge an Pestiziden eingesetzt werden als zuvor beim Anbau von konventionellen Mais-Sorten. Inzwischen kämpfen in den USA LandwirtInnen, die sich auf den Anbau von Gen-Mais eingelassen haben, verzweifelt gegen eine nicht mehr zu kontrollierende Zunahme an Unkräutern, die gegen Totalherbizide und auch immer mehr spezifische Pestizide immun sind. Der erwartete Zuwachs an Gewinn schlägt in sein Gegenteil um. (Siehe auch unseren Artikel vom 18. November 2009)

Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace veröffentlichte kürzlich eine Dokumentation, in der sie nachweist, daß nach 20 Jahren mit Experimenten und 13 Jahren kommerziellen Anbaus von Gen-Mais in den USA der Ertrag beim Anbau von Gen-Mais nicht gesteigert werden konnte. Der Fehler, in den Anbau von Gen-Mais einzusteigen, dürfe in anderen Ländern nicht wiederholt werden, so Greenpeace.

Eine US-amerikanische Studie, die Anfang August veröffentlicht wurde, weist nach, daß sich das Erbgut genmanipulierter Pflanzen mittlerweile nicht nur in Kulturpflanzen, sondern auch deren verwandten Wildformen großflächig ausbreitet. (Siehe hierzu unseren Artikel vom 6. August 2010) Die Auswirkungen auf Insekten und Pflanzenwelt sind verheerend. Der Schaden, der mit der Einführung von Gen-Mais in Mexiko droht, stellt all dies in den Schatten.

Im Falle Mexikos spricht sich sogar eine Mehrheit in Wissenschaft und sozialen Organisationen dagegen aus, im Ursprungsland der Mais-Kultivierung mit Gen-Mais zu experimentieren. Das Argument Monsantos, die eigenen Produkte würden bei der Überwindung des Hungers helfen, sind zudem in Mexiko obsolet: Das Land produziert mehr Mais - vor allem durch KleinbäuerInnen - als zur Ernährung der Bevölkerung benötigt wird.

Im nur rund 4000 Quadratkilometer großen nördlich von Mexico City gelegenen Bundesstaat Tlaxcala wachsen 332 Mais-Sorten. In dieser Region züchtete die mexikanische Urbevölkerung einst die Kulturpflanze Mais. Die Organisation der KleinbäuerInnen 'Vicente Guerrero' konnte hier erreichen, daß die Landwirtschaft mit lokal angepaßtem Saatgut aus eigener Züchtung, mit Hilfe von Fruchtwechsel und biologischem Dünger rentabel ist. Die KleinbäuerInnen ernten vier Tonnen Mais pro Hektar und damit doppelt so viel wie die gentechnisch gedopte US-Landwirtschaft. Sie wehren sich gegen die Invasion von Gen-Mais. "Das genmanipulierte Saatgut wird uns wieder abhängig von den Saatgutkonzernen machen," befürchtet Erasmo Aguilar, Ausbilder bei 'Vicente Guerrero'. "Vor allem aber gefährdet es unsere Vielfalt an traditionellen Sorten."

Die Umweltschutz-Organisation Greenpeace versucht, gegen die "Vernichtung von Mexikos Kulturerbe" zu mobilisieren. Die weltweit einzigartige Vielfalt an Mais könnte rapide verloren gehen. "Wir hatten Fälle von Verunreinigung, als der Gen-Mais noch illegal war", erinnert Aleira Lara, Greenpeace-Agrarexpertin in Mexico City. Sie wirft der Regierung Verantwortungslosigkeit vor. "Mexiko ist die Wiege des Mais. Er hat in Mexiko dieselbe Bedeutung wie der Weizen in Europa oder Reis in Japan. Europa hat seinen Weizen geschützt. Warum soll Mexiko den transgenen Mais akzeptieren?"

Die mexikanischen Behörden behaupten, es würden Maßnahmen ergriffen, um die Gen-Kontamination zu unterbinden. Bei den öffentlichen Anhörungen brachten WissenschaftlerInnen Argumente vor, die belegen, daß die Schutzvorkehrungen völlig unzureichend sind. Dennoch setzte sich die mexikanische Regierung nun über diese Kritik hinweg. Die Kontroverse ist im Internet dokumentiert.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      "Panne" mit Gen-Kartoffel Amflora
      Backhaus stoppt BASF (8.09.10)

      Schwere Niederlage für Monsanto
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      "Freiwillige SchnitterInnen" gegen illegalen Anbau
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      Gen-Raps verbreitet sich unkontrolliert
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      Nur Mecklenburg-Vorpommern informiert
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      Illegale Verbreitung von Gen-Baumwolle
      Gentech-Konzern Monsanto
      zu Millionen-Geldstrafe verurteilt (12.07.10)

      Mecklenburg-Vorpommern
      Gen-Kartoffel Amflora entschärft (9.07.10)

      Erfolg der Bio-Landwirtschaft
      mit Artenvielfalt statt Pestiziden
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      (6.06.10)

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      Umwelt-Institut München outet
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      Laxe Auflagen bei der Beseitigung (13.05.09)

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      Einseitig Subventionen für Agro-Gentechnik
      und Agro-Chemie (29.01.09)