27.05.2011

Die Verhaftung von Ratko Mladic
Srebrenica und die
Instrumentalisierung von Auschwitz

Auschwitz instrumentalisiert Belgrad (LiZ). Ob mit der Verhaftung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic endlich Licht in die tatsächlichen Vorgänge beim Tod tausender muslimischer Männer und Jugendlicher im Juli 1995 in Srebrenica gebracht werden kann, steht dahin. Für die Mainstream-Medien scheint alles bereits geklärt zu sein, obwohl die einen von einer Erstürmung von Srebrenica schreiben und die anderen von einer Übergabe der Stadt durch die UN-Schutztruppe. Doch da dieselben Medien sich bei der propagandistischen Vorbereitung des NATO-Krieges schuldig machten, kann die allgemeine Vorverurteilung Mladic' als "Schlächter von Srebrenica" in der Art eines Revolverblatts kaum verwundern.

So schreibt etwa der Kriegshetzer Norbert Mappes-Niediek auf Seite 2 der 'Badischen Zeitung' als handele es sich um eine bewiesene Tatsache: "Einen Tag nach der berühmten Szene begann unter dem Kommando des Ratko Mladic das Massaker von Srebrenica, bei dem etwa 7800 unbewaffnete muslimische Männer und Jungen im Alter zwischen 12 und 77 Jahren ermordet wurden."

Um zu verstehen, was sich damals auf dem Balkan bei der Zerschlagung des jugoslawischen Vielvölkerstaates ereignete, müssen einige Hintergründe beleuchtet werden, die heute von den Medien gerne ausgeblendet werden. Heute liegen genügend Fakten vor, die beweisen, daß der wiedererstarkende Nationalismus im kroatischen Teil Jugoslawiens und unter dem albanischen Bevölkerungsteil des Kosovo von außen geschürt wurde. Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen wurden lehrbuchhaft gegeneinander ausgespielt und aufeinander gehetzt. Das Ziel bei der Zerschlagung Jugoslawiens - eines wegen seiner fortgeschrittenen Industrialisierung selbst im Machtbereich der ehemaligen Sowjetunion relativ autonomen Staates - bestand in erster Linie darin, die Kontrolle über einen Korridor entlang der jugoslawischen Adria-Küste für wichtige Öl-Pipelines aus dem kaspischen Raum nach Zentraleuropa zu erlangen. Eine bedeutende Rolle für den Plan zur Zerschlagung Jugoslawiens spielte zudem, daß Deutschland erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Legitimation erlangen konnte, Krieg zu führen und damit in den exklusiven Club "souveräner Mächte" zurückzukehren.

Das Bild, das den Menschen in Europa und den USA jedoch vermittelt wurde, hat seinen Ursprung bei den deutschen Mainstream-Medien. In einer Umkehrung von Ursache und Wirkung wurden die ethnischen Konflikte im Balkan als Ursache für das (spätere) angeblich unumgängliche Eingreifen dargestellt. Das Schüren des Konklikts und der militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Ethnien blieb verdeckt und das offene Eingreifen wurde damit bemäntelt, nach langem passivem "Zusehen" müsse nunmehr eine "humanitäre Katastrophe" mit Hilfe eines "robusten Einsatzes" verhindert werden. Nach und nach wurde diese Darstellung von nahezu allen westlichen Medien und PolitikerInnen übernommen. Dabei spielte die in Washington ansässigen Werbefirma 'Ruder Finn' eine bedeutende Rolle. Die einfache und erfolgreiche Methode ihrer Propagandakampagne war es, den jugoslawischen Machthaber Slobodan Milosevic und die Serben mit Hitler und den Deutschen zu vergleichen. Die Serben wurden als "neue Nazis" bezeichnet, die vom "neuen Hitler", Slobodan Milosevic, angeführt werden. Dies hatte Erfolg und führte dazu, daß eine große Zahl naiver oder korrumpierter JournalistInnen, KommentatorInnen, PolitikerInnen und MenschenrechtsaktivistInnen den Eindruck gewannen, bei dem stetig von außen angeheizten Bürgerkrieg handele es sich um eine von Serben ausgehende Aggression.

Bereits 1992 wurde ein manipuliertes Foto dazu benutzt, die Assoziation zu einem KZ zu wecken. Hinter einem Stacheldrahtzaun war die ausgemergelte Gestalt eines muslimischen Bosniers zu sehen. Das Time-Magazin, 'Mirror', 'Daily Mail' bis hin zur deutschen 'taz' brachten das Foto auf den Titelseiten als Beweis dafür, daß serbische Gräueltaten denen der Nazis in nichts nachstünden. Anfang 1997 konnte der deutsche Journalist Thomas Deichmann beweisen, daß es sich bei dem Foto um eine Fälschung handelte, um die Weltöffentlichkeit beim Bosnien-Krieg zur Parteilichkeit zu verführen.

Auschwitz instrumentalisiert

Die Führer Sloweniens und Kroatiens, der reichsten, nördlichen Bundesländer Jugoslawiens, strebten nach Abspaltung von den ärmeren Landesteilen, weil sie mit der Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft gelockt wurden. Zugleich wurde auf sie Druck ausgeübt, nachdem sie in die IWF-initiierte Schuldenfalle getappt waren. Der serbische Bevölkerungsteil, der im früheren Jugoslawien die insgesamt zahlenmäßig stärkste Bevölkerungsgruppe bildete, geriet in die Defensive. Administrative Grenzen aus der Tito-Zeit teilten Jugoslawien und teilten die serbische Bevölkerungsgruppe in jene, die im Bundesland Serbien lebten, in dem sich die Hauptstadt Belgrad befindet, und jene, die in Kroatien, Bosnien oder auch - als Minderheit - im Kosovo, das zum Bundesland Serbien gehörte, lebten. Es ist nicht zu leugnen, daß die meisten in Kroatien und Bosnien lebenden SerbInnen die Abspaltung vom Bundesstaat Jugoslawien schlichtweg ablehnten.

Bereits die "schwarz-gelbe" Bundesregierung von Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher bereitete den Krieg in Jugoslawien mit aller Macht vor. Im September 1991 sagte der damalige deutsche Verteidigungsminister Rupert Scholz in kaum verhüllter Deutlichkeit, daß die Anerkennung eines unabhängigen Sloweniens und Kroatiens den Jugoslawien-Konflikt so verändern könnte, daß eine "internationale Sicherheitsverantwortung" entstünde. Darunter war bereits zu jener Zeit eine Intervention der NATO zu verstehen. Die "voreilige" staatliche Anerkennung durch Deutschland zielte darauf, den Konflikt zu internationalisieren, und nicht etwa darauf, ihn zu befrieden.

Zuerst wollte kein anderes Land der Europäischen Gemeinschaft diese nicht ausgehandelte "voreilige" Anerkennung der Abspaltung unterstützen, doch Deutschland machte die Umsetzung des Maastricht-Vertrages von der Kooperation der anderen EU-Staaten in Sachen Jugoslawien abhängig. Eine maßgebliche Rolle bei der zunächst nur von der deutschen Regierung betriebenen Politik der Zerschlagung Jugoslawiens spielte Daniel Cohn-Bendit der 1994 als "Grüner" ins Europäische Parlament einzog, kurz nachdem er sich für eine militärische Intervention zugunsten der bosnischen MuslimInnen eingesetzt hatte.

Joseph Fischer, der spätere deutsche Außenminister, sagte, daß ihn Cohn-Bendit, sein Freund aus Frankfurter Sponti-Tagen, in seiner Haltung zu Jugoslawien beeinflußt habe. Bei dem von Fischer aber bereits zuvor bewiesenen Opportunismus ist nicht auszuschließen, daß er seine politische Haltung an seiner Ambition ausrichtete, Außenminister eines NATO-Staates zu werden. Cohn-Bendit jedenfalls gelang es, die "Grünen" auf Kriegskurs zu bringen. Und die Mainstream-Medien haben ihn dabei optimal unterstützt. Cohn-Bendits Haltung wurde immer hofiert, während ursprünglich grüne, pazifistische Positionen diffamiert oder bestenfalls ignoriert wurden.

Auch in der SPD gab es in dieser Zeit heftigen Widerstand gegen die offensichtlichen Bestrebungen, die Bundeswehr in einen Krieg auf dem Balkan zu führen. Die SPD-Bundestagsfraktion versuchte, eine Beteiligung an den NATO-Überwachungsflügen über Bosnien durch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorzuschieben. Und SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen kritisierte, daß "die Koalition uns in eine Prä-Vietnam-Situation gebracht hat, und wir rutschen immer tiefer in die Grauzone und befinden uns irgendwann, ohne es recht bemerkt zu haben, im Krieg". Jörg Schönbohm, seinerzeit Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, sagte zur selben Zeit, "daß es diesmal nicht um eine humanitäre Operation wie in Somalia oder Kambodscha" gehe, sondern "jetzt werden deutsche Soldaten außerhalb des NATO-Verteidigungsgebietes eingesetzt, mit der Möglichkeit, kämpfen zu müssen."

Doch Mitte 1995 war dieser Widerstand wie weggeblasen.

Eine entscheidende Rolle spielte 1995 die mediale Aufbereitung von Srebrenica. Völlig ausgeblendet wurde dabei, daß bosnische Serben die Frauen und Kinder der Gegner mit Bussen in Sicherheit bringen ließen. Statt dessen wurde von einer "Selektion" vor Massenermordungen und von der "Rampe von Srebrenica" berichtet, um so Assoziationen zu Auschwitz wachzurufen. Erschwert wurde eine objektive Sichtweise auf die Vorgänge in Jugoslawien auch durch Fürsprecher Serbiens, die in Deutschland auftraten und in schlichter Umkehrung der Darstellung in den Mainstream-Medien Serben als Opfer, Kroaten und Sklowenen aber als Aggressoren bezeichneten. Unbestreitbar ist zumindest auf der Grundlage der heute vorliegenden Informationen, daß auf beiden Seiten gemordet und Kriegsverbrechen begangen wurden. Ebenfalls ist nicht zu leugnen, daß es - wie in nahezu jedem Bürgerkrieg - zu Vergewaltigungen, zu Plünderungen und persönlichen Racheakten kam. Ob es zu systematischen Massenvergewaltigungen kam und ob sich dabei - wie immer wieder behauptet - die serbischen Milizen oder Militärs besonders hervortaten, ist bis heute nicht bewiesen.

Im Falle des Krieges in Bosnien haben Menschenrechtsorganisationen und von der muslimischen Kriegspartei beauftragte Werbefirmen nur von serbischen Vergewaltigern gesprochen. JournalistInnen haben diese Geschichten oft ungeprüft übernommen und nicht selten alle Fälle ignoriert, in denen serbische Frauen Opfer von Vergewaltigung durch Kroaten oder Muslime wurden. Organisationen wie Human Rights Watch und jene unter George Soros Führung haben bei der Zerschlagung Jugoslawiens eine weithin unterschätzte Rolle gespielt. In Frankreich hat die von Bernard Kouchner gegründete Organisation 'Médecins du Monde', die Medizin an Arme verteilen soll, Millionen für eine Plakatkampagne ausgegeben, in der die Serben als Nazis gebrandmarkt wurden. Nur wenigen ist bekannt, daß in den Führungsetagen dieser Nichtregierungsorganisationen nicht selten frühere Spitzenpolitiker der NATO-Staaten sitzen. Und bis heute sind diese NGOs in die Balkanpolitik involviert.

Obwohl heute eindeutige Fakten vorliegen, wird immer wieder geleugnet, daß eine massenhafte Vertreibung im Kosovo erst mit dem Beginn des NATO-Kriegs am 24. März 1999 begann. Unter Otto Schily als Innenminister wurden noch drei Wochen vor Kriegsbeginn Kosovo-Albaner mit der Begründung abgeschoben, "ein staatliches Programm zur Vertreibung aller Albaner aus dem Kosovo (sei) bis heute nirgends belegt" und die bis dahin "über tausend" Todesopfer und 300.000 Flüchtlinge rechtfertigten "nicht die Annahme einer unmittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung."

Am 24. März 1999 erklärte Bundeskanzler Gerhard Schröder im deutschen TV: "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute abend hat die NATO mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern."

Zurück zu Srebrenica:

Bereits zu Beginn des Bosnien-Kriegs wurde Srebrenica 1992 von serbischen Paramilitärs angegriffen. Es kam zu Zerstörungen und Plünderungen. Bosnische Militärs unter Naser Oric behielten die Oberhand. Im Zuge von Vergeltungs-Maßnahmen von bosnischer Seite wurden mehrere serbische Dörfer in der Gegend niedergebrannt, woraufhin die meisten Serben aus Srebrenica und der umliegenden Gegend flohen. Die Zahl der serbischen Opfer ist bis heute umstritten. In einer Dokumentation des Niederländischen Instituts für Kriegsdokumentation werden unter Bezugnahme auf serbische Quellen mindestens 1000 tote serbischen ZivilistInnen genannt. Das Research and Documentation Center in Sarajevo nennt eine Zahl von 400 bis 500 serbischen Soldaten und 119 serbischen ZivilistInnen. 1992 begann die Belagerung der Stadt. Erst im März 1993 traf ein erster UN-Hilfskonvoi in Srebrenica ein. Die Bevölkerungszahl erhöhte sich durch Flüchtlinge aus den umliegenden Gebieten. Im April wurde offiziell eine UN-Schutzzone eingerichtet.

Nach verschiedenen Darstellungen überließ der Kommandant der niederländischen UN-Truppen Thomas Karremans die Stadt den anrückenden bosnischen Serben unter dem Oberbefehlshaber Ratko Mladic, oder aber diese Truppen überrannten die UN-Truppen und veranlaßten sie zur Flucht. Nach Darstellung Karremans habe er mehrfach NATO-Luftunterstützung angefordert, die jedoch ausblieb. Laut einem UN-Bericht mit dem Titel "International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of Former Yugoslavia since 1991" kam es danach am 11. Juli 1995 unter dem Kommando von Ratko Mladic zum Massaker von Srebrenica, bei dem entsprechend diesem Bericht schätzungsweise 8.000 muslimische Bosniaken ermordet wurden.

In den Tagen nach dem 11. Juli 1995 habe sich "Europas schlimmstes Kriegsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg" ereignet, schrieb der 'spiegel'. Die bosnischen Serben hätten 7.000 Muslime ermordet – so die bis heute in Mainstream-Medien am häufigsten genannte Zahl. Doch diese Zahl beruht allenfalls auf Indizien, nicht auf Beweisen.

Das Internationale Rote Kreuz hat im gesamten Zeitraum bis zum Sommer 2001 insgesamt 7.475 aus Srebrenica Verschwundene registriert. Wie viele davon tot sind, ist nicht geklärt. Auch die Angaben in westlichen Untersuchungsberichten wurden nie ernstlich überprüft. Das Wochenmagazin Elsevier stellte kritisch fest: "Die Schuld der bosnischen Serben wird nicht geringer, wenn keine siebentausend, sondern zwei- oder dreitausend Muslime abgeschlachtet wurden. Aber eine genauest mögliche Feststellung der Anzahl der Todesopfer ist von Bedeutung, wenn es um die Wahrheitsfindung geht."

Daß insgesamt zwei- bis dreitausend bosnische Männer und Jugendliche im Raum Srebrenica 1995 zu Tode kamen, kann als wahrscheinlich angenommen werden, da diese Zahl durch die Leichenfunde gestützt wird. Das UN-Tribunal in Den Haag, das die entsprechenden Grabungsarbeiten in und um Srebrenica koordinierte, gab im August 2001 die Gesamtzahl der gefundenen Leichen mit "mindestens 2.028" an. Diese seien aus 21 Massengräbern geborgen worden, 18 weitere seien noch nicht untersucht.

Strittig ist allerdings, wie viele dieser Toten von den bosnischen Serben unter Mladic bei einem Massaker ermordet wurden. Die Richter in Den Haag stellten dazu im Verfahren gegen den bosnisch-serbischen Armeegeneral Radislav Krstic fest: "Der Gerichtshof kann die Möglichkeit nicht ausschließen, daß ein Prozentsatz der in den Gräbern gefundenen Leichen Männer sein könnten, die im Kampf getötet wurden." Der Haager Chefermittler Jean-René Ruez geht davon aus, daß alle 2.628 Toten der 28. moslemischen Division bei den Gefechten zwischen Srebrenica und Tuzla "im Kampf umgekommen" sind.

Selbst wenn von den mutmaßlich 7.000 Getöteten die Verschwundenen, die noch am Leben befindlichen, und die im militärischen Kampf getöteten abgezogen werden, bliebe das "Massaker von Srebrenica" ein schreckliches Kriegsverbrechen. Selbst wenn es ein- oder zweitausend Unbewaffnete waren, die außerhalb der Kämpfe erschossen wurden, müssen die serbischen Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Die Vorgänge in und um Srebrenica rechtfertigen jedoch in keinem Fall die damalige propagandistische Ausschlachtung und den Vergleich mit Massenerschießungen der Nazis.

Es ist keine "Relativierung" der von Serben begangenen Verbrechen, wenn konstatiert wird, daß auch von bosnischer Seite Hunderttausende vertrieben wurden und ebenfalls Unbewaffnete in ähnlicher Zahl wie von der anderen Seite getötet wurden.

Doch in schlichter Wiederholung der Kriegs-Propaganda der 1990er Jahre schreibt Mappes-Niediek auf Seite 2 der 'Badischen Zeitung': "Srebrenica war ein Vernichtungskrieg, von der Methode her vergleichbar mit den Massenerschießungen der Nazis." Und selbst vor der Wiederholung der bereits damals abscheulichen Instrumentalisierung von Auschwitz schreckt Mappes-Niediek nicht zurück: "Deutschlands späterer Außenminister Joschka Fischer hat Srebrenica als seinen persönlichen Wendepunkt bezeichnet: Zum »Nie wieder Krieg«, das seine Generation in vielen Demonstrationen vorgebracht hatte, trat jetzt die Parole »Nie wieder Auschwitz«."

Auch Springers 'Welt' mochte da heute nicht zurückstehen und schrieb gar von 8000 Opfern: "Ratko Mladic, der unter anderem für das Massaker an 8000 wehrlosen Bewohnern der bosnisch-muslimischen Enklave Srebrenica 1995 verantwortlich ist." Zugleich heißt es zu Beginn des Artikels noch scheinbar seriös: "Mit der Verhaftung Ratko Mladic' ist die Aufklärung der Gräuel des Balkankrieges nicht am Ende." Die 'Badische Zeitung' ist bei der Wiedergabe der "Fakten" in einem "Hintergrund"-Text ein wenig vorsichtiger: Darin heißt es: "Bis zu 7.800 muslimische Männer und Jugendliche wurden abgeführt, die meisten erschossen und in Massengräbern verscharrt." Dieser Text stammt jedoch nicht von Mappes-Niediek, sondern von der Nachrichten-Agentur dpa.

Und auch innerhalb eines 'Welt'-Artikels geht es recht abwechslungsreich zu. Zu Beginn heißt es darin noch neutral: "Der »Schlächter vom Balkan« soll die schlimmsten Verbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg angeordnet haben." Am Ende des Artikels bleibt die Vorverurteilung dann doch nicht aus und Mladic ist "der als besonders brutaler und zynischer Schlächter berüchtigte Ex-General".

Auch Geschichtsklitterung kommt in der 'Welt' nicht zu kurz: "Erst massive bewaffnete Nato-Interventionen in Bosnien und im Kosovo konnten immerhin das Gemetzel dauerhaft stillstellen." Tatsächlich wurden noch drei Wochen vor dem Beginn des NATO-Krieges am 24. März 1999 vom damaligen Innenminister Otto Schily Kosovo-Albaner mit der Begründung abgeschoben, "ein staatliches Programm zur Vertreibung aller Albaner aus dem Kosovo (sei) bis heute nirgends belegt" und die bis dahin "über tausend" Todesopfer und 300.000 Flüchtlinge rechtfertigten "nicht die Annahme einer unmittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung." Heute liegen eindeutige Fakten vor, die beweisen, daß eine massenhafte Vertreibung im Kosovo erst nach dem 24. März 1999 begann.

Und vollends mythologisch wird der 'Welt'-Artikel, wenn es heißt: "Screbrenica markiert die Ursünde des Kontinents" (Schreibweise "Screbrenica" wie im Original). Doch selbst dies wird von der 'taz' - wie kaum anders zu erwarten - noch übertroffen: "Über 70.000 muslimische Bosniaken und Kroaten fanden während dieser Zeit durch »ethnische Säuberungen« den Tod, zehntausende Menschen wurden in Konzentrationslagern ermordet oder bei den Angriffen getötet, tausende Frauen vergewaltigt, 2 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben."

Auch ein Magazin wie der 'stern' folgt demselben Muster wie es in der 'Welt' erkennbar ist: Zu Beginn eines 'stern'-Artikels von Enver Robelli ist der Titel "Schlächter von Srebrenica" (wenn auch an dieser Stelle ein r im Namen der Stadt fehlt) in Anführungszeichen gesetzt, während im zweitletzten Satz hämisch heißt: "Doch solche Wünsche werden für den Schlächter von Srebrenica wohl nicht in Erfüllung gehen."

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      10. Jahrestag des Kosovo-Kriegs
      Propaganda von der "humanitären Katastrophe"...
      (24.03.09)

      Eine Regierung
      von Lügnern und Gesetzesbrechern (11.02.2001)

      Und der Minister starrt und stiert
      stern (Heft 8/ 2001)

      "Es war dieses Bild,
      das die Welt in Alarmbereitschaft versetzte" (28.02.2000)