20.10.2011

Libyen-Krieg beendet + Demokratisierung
gescheitert + Gaddafi tot + Erdöl okkupiert

Wem gehört das libysche Öl? Tripolis (LiZ). Nach überein- stimmenden Berichten wurde der libysche Diktator Muammar al Gaddafi bei einem Fluchtversuch aus seiner Geburtsstadt Sirte getötet. In den vergangenen Monaten konnten US-hörige ehemalige Gaddafi-Getreue an den politischen Schalthebeln installiert werden. Der Libyen-Krieg scheint im Sinne der NATO-Mächte beendet zu sein. Damit sind die reichen Erdöl-Vorkommen für das libysche Volk perdü.

Friedensnobelpreisträger, Warlord und US-Präsident Barack Obama konnte heute im Rosengarten des Weißen Hauses den Sieg verkünden und frech behaupten, das libysche Volk habe nun "die Chance, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen." Tatsächlich jedoch sanken mit jedem Tag des siebenmonatigen Libyen-Krieges die Chancen der Aufständischen, in ihrem Land ein demokratisches System aufzubauen. Fast vergessen ist heute, daß eine Mehrheit der Aufständischen im Februar ein militärisches Eingreifen ausländischer Mächte ablehnte.

Mit dem "Angebot" zum Schutz von ZivilistInnen eine Flugverbotszone in Libyen gegen Bombardements der libyschen Luftwaffe einrichten zu wollen, stellten die NATO-Mächte ein Trojanisches Pferd auf, mit dessen Hilfe sie letztlich die Macht in Libyen an sich reißen konnten. Noch am 15. März hatte sich der UN-Sicherheitsrat nicht über eine Flugverbotszone in Libyen einigen können. Rußland, Brasilien und Südafrika zeigten sich damals skeptisch. Insbesondere die französische und die britische Regierung hatten zur Einrichtung einer solchen Zone gedrängt, um so angeblich die Angriffe der libyschen Luftwaffe auf ZivilistInnen zu unterbinden. Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar, daß das Versprechen, eine Flugverbotszone könne ohne Ausweitung des Militäreinsatzes zu einem Krieg durchgesetzt werden, obsolet war. Ebenso klar war bereits zu diesem Zeitpunkt, daß es nicht etwa um einen "humanitären Einsatz", sondern um die reichen libyschen Erdöl-Vorkommen ging. (Siehe hierzu unseren Artikel v. 26.07.11)

Wieder einmal wurde durch den Libyen-Krieg die Erkenntnis bestätigt, daß während militärischer Auseinandersetzungen diejenigen Kräfte innerhalb einer Aufstands-Bewegung die Oberhand gewinnen, denen nichts an einer Demokratisierung liegt. Krieg und militärische Konflikte erzwingen nach ihrer eigenen Logik von Befehl und Gehorsam hierarchische Strukturen. Der Anfang dieses Jahres in Libyen noch so hoffnungsvolle Versuch einer Demokratisierung Libyens ist gescheitert. Die NATO-Mächte werden zu verhindern wissen, daß die ihnen hörigen ehemaligen Gaddafi-Gefolgsleute, die sich während der vergangenen sieben Monate an die Spitze der Aufständischen setzen konnten, von der Macht ferngehalten werden. Nach sieben Monaten Krieg hätten die Aufständischen auch kaum mehr die nötige Kraft hierzu. Und mit Sicherheit sind längst Geheimverträge unterzeichnet, die die Ausbeutung der libyschen Erdöl-Vorkommen, der größten in ganz Afrika, im Sinne der US-amerikanischen, französischen und britischen Konzerne regeln.

Interessanter Weise hatte die westlichen Mainstream-Medien es in den vergangenen fünf Jahren vermieden, Gaddafi als Diktator zu bezeichnen. Nach einer Tauwetter-Periode zwischen 2003 und 2005 hatten sich die US-Regierung und untergeordnete Mächte mit dem Gaddafi-Regime arrangiert. Am 16. Oktober 2007 wurde Libyen von der Generalversammlung der Vereinten Nationen für zwei Jahre in den UN-Sicherheitsrat gewählt. Dies wäre ohne Zustimmung der US-Regierung nicht möglich gewesen. Tournusgemäß übernahm Libyen im Januar 2008 für einen Monate den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates. Für die europäischen Staaten diente Gaddafis Libyen seit 2003 insbesondere als vorgeschobener Außenposten, um afrikanische Armuts-Flüchtlinge vor den Grenzen der Festung Europa abzufangen. Nach Angaben von Menschenrechts-Organisationen nahm die EU dabei auch menschenunwürdige Zustände und Folter in libyschen Internierungslagern in Kauf, die zum Teil von ihr finanziert wurden. Und wie bei den Diktatoren in den Nachbarstaaten Ägypten, Hosni Mubarak, und in Tunesien, Zine El Abidine Ben Ali, die in den westlichen Mainstream-Medien höflich als "Präsidenten" tituliert wurden, galt Muammar al Gaddafi in dieser Zeit als "Verbündeter". Noch vor wenigen Jahren hatte der französische Staats-Chef Nicolas Sarkozy Gaddafi sogar den Bau von Atomkraftwerken und damit den Einstieg in die Atombomben-Technologie angeboten.

Doch in den vergangenen Jahren geriet der libysche Diktator erneut auf die "Abschußliste" der USA, weil er sich beim Erdöl als zu geschäftstüchtig erwies. Ausländische Beteiligungen an der Erdöl- und Gas-Ausbeutung waren auf 49 Prozent limitiert. Nicht nur den geheimen Kassen des Gaddafi-Clans kam der Reichtum des Landes zugute: Um der schillernden Persönlichkeit des Despoten Muammar al Gaddafi gerecht zu werden, darf nicht verschwiegen werden, daß die libysche Bevölkerung in weitem Abstand zum afrikanischen Durchschnitt einen gewissen Wohlstand genoß. Zugleich wurde - wie in jeder Diktatur - die politische Opposition unterdrückt und es gab keinerlei Meinungsfreiheit. Das libysche Gesundheitssystem galt hingegen als vorbildlich. Gaddafi hatte mit Milliardenaufwand eine Trinkwasser-Versorgung der Städte Tripolis, Bengasi und Sirte bauen lassen, mit der die unterirdischen Grundwasser-Reservoirs unter der Sahara angezapft wurden und das Wasser durch gigantische Rohrleitungen über viele Kilometer in die Städte gelangt.

Allein diese gigantische Wasserversorgung wird - leider - vielleicht schon in wenigen Jahren dafür sorgen, daß sich die libysche Bevölkerung in die besseren Zeiten unter dem "Pharao" Gaddafi zurücksehnt und ähnlich wie viele der früheren BewohnerInnen der "DDR" die diktatorischen Zustände vergessen. Denn in den kommenden Jahren wird es der libyschen Bevölkerung sicherlich noch schlechter ergehen als unter dem Diktator Gaddafi. Die Kosten für eine "Wiederaufbauhilfe" werden über Kredite dem neuen US-hörigen Regime aufgebürdet, das so "verpflichtet" wird, nahezu die gesamten Einnahmen aus dem Erdöl-Geschäft abzutreten. Und am Wiederaufbau werden - ähnlich wie im Irak - nicht etwa libysche Baufirmen profitieren, sondern US-Konzerne wie Bechtel und Halliburton.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      CIA und MI6 arbeiteten
      mit Gaddafi-Geheimdienst zusammen (2.09.11)

      Libyen-Krieg - "Humanitärer" Schutz
      von ZivilistInnen ist Vorwand (26.07.11)

      Sarkozy und die Atombombe
      für Gaddafi (23.02.11)

      Schein-Wahl in Ägypten
      Offenbarungseid für Barack Obama (2.12.10)

      Obama stärkt Diktatur
      Waffen-Deal für 60 Milliarden US-Dollar eingefädelt
      (14.09.10)

      Schein-Abzug aus dem Irak
      Öl im Wert von mindestens 300 Milliarden US-Dollar
      (19.08.10)

      BP lernresistent
      Offshore-Ölbohrung im Mittelmeer geplant (22.07.10)

      Obamas neue Terrorfront im Jemen
      Bis zu 120 Tote bei Angriff mit Marschflugkörpern
      (23.12.09)

      Obama zeigt erneut Flagge
      Ein Verbot von Landminen wäre nicht
      im Interesse seiner Finanziers (25.11.09)

      "Friedens"-Präsident Obama erhöht Militär-Etat
      Neuer Weltrekord: 680 Milliarden US-Dollar (29.10.09)

      Obama schürt Konflikt in Somalia
      US-Waffenlieferung ins Krisengebiet (27.06.09)

      Obama erhöht den US-Kriegsetat
      Größtes Militär-Budget der Weltgeschichte (8.04.09)

      Wer verursachte 1988
      die Lockerbie-Katastrophe? (21.12.08)

      Barack Obama und das Nadelöhr
      Ist von Obama anderes zu erwarten als von Bush?
      (9.10.08)

      Ehemaliger US-General John Abizaid
      bezeichnet Irak-Krieg als Krieg ums Öl (16.10.07)

      Zwei Irre und die A-Bombe
      Sarkozy offeriert Gaddafi AKW als Eintritt in den Club
      (27.07.07)

      Tag des Flüchtlings 2004:
      Europa macht dicht! (30.09.04)

      Drei Kriegsgründe
      - drei Lügen (18.06.04)

      Libyen vergrößert Abstand zu USA
      Beitritt zu Atomwaffen-Sperrvertrag (16.01.04)

      Die Wandlungen des Obersten Gaddafi
      Libyen will respektabel werden (27.12.03)