9.02.2010

Westen reagiert
auf Verhandlungsangebot des Iran
mit verschärften Drohungen

Mahmud Ahmadinedschad Washington/Berlin (LiZ). Im Streit um das vom iranischen Regime beanspruchte "Recht" auf Urananreicherung reagierte US-Außenminister Robert Gates auf ein Kompromiß-Angebot des Iran mit der Ankündigung, den Druck zu erhöhen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadi- nedschad hatte am 2. Februar öffentlich Kompromißbereitschaft signalisiert und angeboten, die Anreicherung von Uran in Frankreich oder Rußland vornehmen zu lassen.

Nach einem Treffen mit seinem italienischen Kollegen Ignazio La Russa erklärte US-Außenminister Gates am 7. Februar in Rom gegenüber den Medien, die "internationale Gemeinschaft" müsse gemeinsam Stellung beziehen, "um Druck auf die iranische Regierung auszuüben." Der amerikanische Präsident Obama drohte dem Iran mittlerweile mit "umfassenden Sanktionen", falls Teheran im Atomstreit nicht nachgebe. Dabei seien Schritte im UN-Sicherheitsrat nur ein Aspekt, sagte Obama in Washington. Ausdrücklich äußerte sich Obama lobend über die Haltung der russischen Regierung, die offenbar im Begriff ist, ins Lager der Iran-Gegner-Staaten überzuwechseln. Das chinesische Regime scheint in dem Streit gegenwärtig bei seiner Iran-freundlichen Position zu bleiben. Chinas Außenminister Yang Jiechi bekräftigte erneut, daß sein Land als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats nicht bereit sei, neue Strafmaßnahmen gegen den Iran mitzutragen.

Die US-Regierung gab unterdessen bekannt, die Stationierung von land- und seegestützten "Raketenabwehrsystemen" im persischen Golf auszuweiten, was als Vorbereitung auf einen Krieg gegen den Iran gewertet werden kann. Zudem wurden neue Patriot-Raketenstützpunkte in den vier Golf-Staaten Kuwait, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Bahrain errichtet. US-Präsident Barack Obama kündigte an, von nun an permanent Schiffe im persischen Golf zu stationieren, die mit Raketen ausgerüstet sind.

Auch ein Verhandlungsangebot zum Gefangenenaustausch, das der iranische Präsident Ahmadinedschad zugleich mit dem Kompromiß-Vorschlag im Atomstreit vorgebracht hatte, lehnte die US-Regierung brüsk zurück. Ahmadinedschad hatte angeboten, drei US-Amerikaner, die sich illegal im Iran aufhielten und aufgegriffen worden waren, gegen in den USA inhaftierte Iraner auszutauschen.

Offenbar geht es nicht mehr allein darum, ob das iranische Regime bereit ist, das vermeintlich benötigte angereicherte Uran nicht im Iran, sondern unter IAEA-Kontrolle in Rußland und Frankreich anreichern zu lassen. Die US-Administration versucht offenbar, den Iran mit unvorteilhaften Bedingungen zu demütigen. Dabei handelte es sich ursprünglich um einen Kompromiß-Vorschlag, den die IAEA im vergangenen Oktober vorgelegt hatte. Nun soll jedoch das auf 20 Prozent angereicherte Uran nicht unmittelbar nach der Anreicherung an den Iran zurückgeliefert werden, sondern erst nach einer über einjährigen Wartefrist. Die iranische Führung vermutet daher nicht ohne Grund, daß die Rücklieferung des Urans mit dem Vorwand erneuter Anklagen immer weiter hinausgezögert werden könnte. Sie war jedoch immerhin bereit, eine vier- bis fünfmonatige Verzögerung in Kauf zu nehmen.

Diese zusätzlich vom Westen eingeführten Bedingungen im Uran-Deal werden jedoch von den hiesigen Mainstream-Medien nicht thematisiert. Statt dessen wird das Bild vermittelt, nicht die USA und ihre Verbündeten schlügen ein Kompromiß-Angebot des Iran aus, sondern umgekehrt. So wird etwa der deutsche Kriegsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit der Äußerung zitiert, der Iran habe die ausgestreckte Hand des Westens "nicht nur nicht ergriffen, sondern weggeschlagen." Guttenberg kündigte an, daß die "Sanktionsschraube angezogen" werden müsse. Er appellierte zugleich an Rußland und China, sich "notwendigen Maßnahmen" im UN-Gremium nicht zu verweigern. Dem Iran müsse "deutlich gemacht werde, daß die Geduld nun wirklich am Ende ist."

Daß die USA und ihre Verbündeten offenbar nicht ernsthaft an einem Kompromiß interessiert sind, nährt die Befürchtung, daß die Eskalation im Atomstreit mit dem Iran auf einen Krieg abzielt. Auch die verfälschte Darstellung des Konflikts in den Mainstream-Medien erinnert immer stärker an die Zeit der Propaganda-Kampagne vor dem 20. März 2003, als die USA mit Lügen wie der von Massenvernichtungswaffen im Besitz Saddam Husseins den Irak-Krieg vorbereiteten.

Derweil reagierte das iranische Regime seinerseits mit Provokation. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad wies die nationale Atomenergiebehörde an, mit der Anreicherung von Uran auf ein Niveau von 20 Prozent Uran im Land zu beginnen. Er empörte sich darüber, daß die USA und ihre Verbündeten versuchten, mit seinem Land "Spielchen zu spielen." Weiter erklärte er: "Wir werden nicht zulassen, daß der Iran von Wachstum und Fortschritt ferngehalten wird." Er fügte hinzu, daß der Iran weiterhin offen für Kompromiss-Verhandlungen bleibe.

Im Raum steht jedoch nach wie vor die Gefahr, daß das iranische Regime die Technologie der Urananreicherung nutzen könnte, um in den Besitz der Atombombe zu gelangen. Dies anzuprangern, steht jedoch Mächten schlecht zu Gesicht, die selbst im Besitz von Atomwaffen sind und bislang keinerlei ernsthafte Schritte zur atomaren Abrüstung unternahmen.

Zugleich ist es eine große Schande für das iranische Regime, daß das Land als weltweit viertgrößter Erdölproduzent nach wie vor gezwungen ist, 40 Prozent seines Benzin-Bedarfs zu importieren. Offenbar besteht kein Interesse, den Bau fehlender Ölraffinerien im Iran voranzutreiben. Eine ebenso große Schande besteht darin, daß in dem von der Sonne verwöhnten Land keine ausreichenden Anstrengungen unternommen werden, die eigene Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema

      Ahmadinedschad kompromißbereit
      Lösung im Streit um Uran-Anreicherung? (3.02.10)