26.06.2018

Flüchtlinge aus Myanmar
Amnesty International klagt an

Flüchtlinge, 2017 - Foto: Hussein Al Mohadeh
Berlin (LiZ). Ein neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Rohingya und benennt 13 der Mächtigen in Myanmar aus den obersten Rängen von Militär und Polizei namentlich - darunter der Oberbefehlshaber der Armee, General Min Aung Hlaing.

Die Rohingya sind eine muslimische Minderheit im vorwiegend buddhistischen Myanmar, die nicht als Staatsbürger anerkannt werden. Sie leben vor allem im nördlichen Teil der an Bangladesch grenzenden Provinz Rakhine (früher: Arakan), eine der 15 Verwaltungseinheiten von Myanmar.

Myanmars Militär hat seit Ende August 2017 mehr als 702.000 Rohingya zur Flucht nach Bangladesch gezwungen, die vor den Angriffen im nördlichen Rakhine lebten. Der neue Bericht von Amnesty International (ai) "We Will Destroy Everything: Military Responsibility for Crimes against Humanity in Rakhine State, Myanmar" dokumentiert das Vorgehen der Militäreinheiten in Rakhine und zeigt, daß die Verantwortung für die Menschenrechtsverletzungen bis in die obersten Befehlsstrukturen reicht. ai führte in den vergangenen neun Monaten über 400 Interviews und wertete Satellitenbilder, Foto- und Video-Aufnahmen sowie kriminaltechnische Untersuchungen aus.

"Im Bundesstaat Rakhine kam es zu massenhaften Vergewaltigungen, Verschwindenlassen, Folter mit Todesfolge und Massakern an den Rohingya durch Polizei und Militär. Hunderte Dörfer wurden niedergebrannt. Tausende Menschen wurden auf grausame Weise ermordet. Viele starben im Feuer, wurden auf der Flucht erschossen oder bei Massenhinrichtungen ermordet," sagt Anika Becher, Asien-Expertin bei ai Deutschland. "Amnesty dokumentiert, daß die Sicherheitskräfte in Myanmar insgesamt neun der im Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes genannten verschiedenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben," so Becher.

Der Bericht benennt Militäreinheiten, die in diese Menschenrechtsverletzungen involviert sind. "Einsatzkräfte der Militäroperation sind verpflichtet, hochrangige Offiziere genauestens über ihre Einsätze zu informieren. Demnach müssten Militärs von den systematischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewußt haben oder waren an der Planung und Durchführung beteiligt," sagt Becher. Neben Myanmars Armeechef Min Aung Hlaing hat ai zwölf weitere Personen identifiziert, die bei diesen Menschenrechtsverletzungen eine Schlüsselrolle gespielt haben sollen. ai fordert, daß Min Aung Hlaing und alle weiteren Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

"Eine Vielzahl an Beweisen zeigt, daß es sich um massenhafte, koordinierte und systematische Angriffe auf die Rohingya handelt, mit dem Ziel, sie aus Myanmar zu vertreiben," sagt Anika Becher. Amnesty International fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu auf, die Situation in Myanmar an den Internationalen Strafgerichtshof zu überweisen und ein umfassendes Waffenembargo sowie gezielte finanzielle Sanktionen gegen Verantwortliche zu verhängen. "Mit Hilfe des UN-Menschenrechtsrates sollte in Hinblick auf spätere Strafverfahren ein Mechanismus zur Sicherung von Beweisen entwickelt werden," so Becher.

Der ai-Bericht dokumentiert auch Menschenrechtsverletzungen durch die bewaffnete Gruppe 'Arakan Rohingya Salvation Army' (ARSA). ARSA-Angehörige sind für gezielte Tötungen von Angehörigen anderer ethnischer und religiöser Gruppen verantwortlich und von Rohingya, die sie als InformantInnen für die Behörden verdächtigen.



Der ai-Bericht "We Will Destroy Everything ..." kann als pdf-Datei hier heruntergeladen werden.

 

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