6.02.2010

Atom-Minister Röttgen sendet Signale

Kommt nun der "schwarz-gelbe" Atom-Ausstieg?

Atomkraft? Nein Danke! Berlin (LiZ). Atom-Minister Norbert Röttgen hat offenbar dieselbe Funktion, die schon seine Vorgängerin im Amt, die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel, von 1994 bis 1998 ausgefüllt hat: Zu signalisieren, daß "Umweltfragen" bei der jeweiligen Regierung Gehör fänden und zugleich Störungen des Weiterbetriebs der deutschen Atomkraftwerke auszuräumen. Und hierzu gehört spätestens seit den Zeiten von "Rot-Grün" die Verkündung eines Atom-Ausstiegs. Damit dies - ebenso wie unter "Rot-Grün" - nicht etwa eingeklagt werden kann, legte sich Röttgen nicht fest und verlegte das Ende der "Brückentechnologie" auf den Zeitpunkt, an dem der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion in Deutschland auf vierzig Prozent gestiegen sei.

Die Verkündung von Röttgen entbehrt nicht einmal einer gewissen Logik. Denn der Anteil der erneuerbaren Energien (16 Prozent) und der Atomkraftwerke (23 Prozent) an der Stromproduktion liegt tatsächlich bei rund 40 Prozent und angeblich - so der Koalitionsvertrag - sollen die Atomkraftwerke noch so lange Strom produzieren, bis ihr Anteil durch erneuerbare Energien ersetzt werden kann. Energiefachleute wissen allerdings, daß es sich hierbei um eine "Milchmädchenrechnung" handelt, da im Jahresdurchschnitt der Strom von vier deutschen Atomkraftwerken exportiert wird. Übersehen - oder ausgeblendet - wird von Röttgen auch, was in jenem Zeitraum, in dem die erneuerbaren Energien bis auf 40 Prozent anwachsen, mit dem zugleich steigenden Stromüberschuß geschehen soll. Denn statt die Atomkraftwerke nach und nach abzuschalten - wie es doch laut dem "rot-grünen" Atom-Ausstieg angeblich festgelegt war - soll laut Röttgen erst am Ende dieses Zeitraums mit dem Abschalten begonnen werden.

Bekannt ist zudem, daß eine der grundlegenden Voraussetzungen der bereits seit über zwei Jahrzehnten im Detail ausgearbeiteten Energiewende darin besteht, den in Deutschland seit Jahren bei rund 620 TWh stagnierenden Stromverbrauch mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen innerhalb von 8 Jahren um 200 TWh zu reduzieren. Mit einer konsequenten Förderung von Effizienzsteigerung und Stromeinsparung ließe sich der Stromverbrauch in Deutschland innerhalb von 15 Jahren sogar halbieren.

Von all dem scheint Röttgen nichts zu wissen oder nichts wissen zu wollen - und so dürfte seine Verkündung eines "schwarz-gelben" Atom-Ausstiegs dem selben Zweck dienen wie die "rot-grüne" Verkündung aus dem Jahr 2000: den Widerstand gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland zu schwächen. Und ebenso wie vor zehn Jahren werden in den kommenden Wochen heftige Diskussionen innerhalb der Regierung geführt werden, ob dieser "Atom-Ausstieg" nun zu schnell oder zu langsam erfolge. Auch dies dient einem Zweck: Mit den ProtagonistInnen der jeweiligen Positionen identifiziert sich ein großer Teil der BundesbürgerInnen, die so eingebunden werden und weiterhin wähnen, ihre Interessen würden vertreten. Zum zweiten dürfte der Zweck dieser neuerlichen Ausstiegs-Verkündung darin zu suchen sein, daß sie den Weg für zukünftige "schwarz-grüne" Koalitionen ebnet.

Ein besonderer Witz besteht darin, daß in den deutschen Mainstream-Medien nach wie vor von "Laufzeit- verlängerungen" die Rede ist. In Deutschland gab es - im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern, in denen Atomkraftwerke betrieben werden - nie zeitlich beschränkte Betriebsgenehmigungen für Atomkraftwerke. Solche gab es in Deutschland nicht vor dem Jahr 2000 und solche wurden entgegen der offiziellen Desinformation auch nicht von "Rot-Grün" beschlossen. Es muß immer wieder daran erinnert werden, daß noch bis vor fünf Jahren auf der Internet-Seite der Bundes-"Umwelt"-Ministeriums eine obskure Tabelle veröffentlicht war, in der ohne irgend eine nachprüfbare rechnerische Grundlage für jedes AKW ein konkretes Abschalt-Datum eingetragen war:

Biblis A............................26.02.2007
Neckarwestheim 1...........01.12.2008
Biblis B............................31.01.2009
Brunsbüttel.....................09.02.2009
u.s.w.

Dabei müßte eigentlich jedem halbwegs kritischen Menschen klar sein, daß Verkündungen jeder beliebigen deutschen Bundesregierung, deren Eintreffen jenseits der vierjährigen Legislaturperiode liegen, für die sie gewählt wurde, jeglicher "Geschäftsgrundlage" entbehren. Allein hieran ist zu erkennen, daß es sich beim "schwarz-gelben" Atom-Ausstieg um eine ebensolche Mogelpackung handelt wie beim "rot-grünen".

 

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