Tokio (LiZ). Trotz anhaltender Protest-Demonstrationen in Tokio und anderen japanischen Städten hält der Strom-Konzern KEPCO am Wiederhochfahren des AKW Oi fest. Nach dem Super-GAU von Fukushima am 11. März 2011 waren nach und nach sämtliche 50 noch funktionsfähigen Atom- Reaktoren abgeschaltet worden. Mit dem AKW Oi wagt die japanische Regierung den Neustart der Atomenergie. Immer mehr Menschen fordern den Rücktritt von Ministerpräsident Yoshihiko Noda.
Der Strom-Konzern Kansai Electric Power (KEPCO), der die Großstädte Osaka, Kyoto und Kobe versorgt, hält an den Vorbereitungen zum Wiederhochfahren von zwei der insgesamt vier Druckwasser-Reaktoren des AKW Oi fest. Einer der Reaktoren soll bereits in den kommenden Tagen seine maximale Leistung erreichen. Obwohl die Stromversorgung in Japan monatelang ohne Atomenergie funktionierte, wollen die Strom-Konzerne aus Profitgründen nicht auf ihre Atomkraftwerke verzichten.
In den vergangenen drei Wochen hat sich die Beteiligung an den Freitags stattfindenden Protest-Demonstrationen von 11.000 über 45.000 und auf 200.000 gesteigert. Die riesige Menschenmenge füllte gestern die Straßen am Amtssitz des japanischen Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda. Immer lauter wird die Forderung nach dessen Rücktritt, da er gegen eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung am 8. Juni dem Neustart der Atomenergie zugestimmt hat. Weltweit geraten die Vorstände von Strom- und Medien-Konzernen immer mehr in Panik, daß sich ihr Trauma, der Atomausstieg Italiens im Jahr 1987, wiederholen könnte.
Obwohl es sich bei der am gestrigen Freitag stattgefundenen Demonstration laut Misao Redwolf, einer der OrganisatorInnen, um eine "Last-Minute-Aktion" handelte, stieg die Zahl der TeilnehmerInnen auf bislang in Japan unbekannte Dimensionen. "Vor dem Amt des Ministerpräsidenten zu protestieren ist das Beste, was wir in Tokio tun können," so Misao Redwolf. Im Zentrum des Protests steht die Forderung an die Energie-Konzerne und an die Regierung, die Reaktoren nicht hochzufahren. In Sprech-Chören rief die Menge: "Nein zum Neustart!"
Angesichts des Festhaltens am Neustart der Atomenergie sagte Kazumi Honda, eine rund 40-jährige Hausfrau auf der Demo in Tokio: "Ich finde den Neustart empörend. Bis jetzt konnte nicht einmal über dem Katastrophen-Atomkraftwerk von Fukushima ein Sarkophag gebaut werden." Kazumi Honda war am Freitag aus Minami Uonuma in der Präfektur Niigata zur Demo nach Tokio gekommen. Sie wohne nur rund 60 Kilometer vom AKW Kashiwazaki-Kariwa entfernt. Kazumi Honda sagte, sie könne die Situation im AKW Oi nicht ignorieren, zumal auch die Regierung zugeben müsse, daß dessen Sicherheit nicht in vollem Umfang gewährleistet ist.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
45.000 auf Demo in Tokio
"Nein zum Neustart der Atomenergie!" (23.06.12)
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