1.09.2018

Atomkraft-GegnerInnen seilen sich von
Moseltalbrücke ab und stoppen Uran-Zug

Uranzug - Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Koblenz (LiZ). Eine Gruppe von Atomkraft-GegnerInnen seilte sich am Samstagmorgen gegen 5:30 Uhr von der über 130 Meter hohen Moseltalbrücke auf die darunter liegenden Eisenbahngleise ab und blockierte so die Weiterfahrt eines Uran-Zuges.

Der mit Uranerz-Konzentrat beladene Güterzug kam vom Hamburger Hafen und befand sich auf dem Weg zur Uran-Konversions-Anlage beim südfranzösischen Narbonne. Das Uranerz-Konzentrat stammt aus einer Uran-Mine in Namibia. In der Uran-Konversions-Anlage in Narbonne-Malvési wird das Uranerz-Konzentrat in Uranhexafluorid (UF6) umgewandelt. Dieses wird danach zu einer Urananreicherungs-Anlage weitertransportiert, wo der Anteil an spaltbarem Uran-235 erhöht wird ("Anreicherung")

Uranerz besteht zu über 99 Prozent aus nicht spaltbarem Uran-238. Das spaltbare Isotop Uran-235 ist nur zu rund 0,7 Prozent enthalten. Um Uran zur Kettenreaktion in Atomkraftwerken einsetzen zu können, muß der Anteil an spaltbarem Uran-235 auf 3 bis 5 Prozent erhöht werden. Dieser Prozeß ist mit der Destillation beim Schnapsbrennen vergleichbar, bei der es darum geht, den Prozent-Anteils des Alkohols zu erhöhen. Um Uran in Atombomben verwenden zu können ist ein deutlich höherer Prozent-Anteil von Uran-235 nötig. Als Nebenprodukt des Anreicherungs-Prozesses bleibt "abgereichertes Uran" übrig. Jedes Kilogramm angereichertes Uran für Atomkraftwerke fallen rund 5,5 Kilogramm "abgereichertes Uran" mit einem-Gehalt von rund 0,3 Prozent Uran-235 an.

Nach Aussage der Atomkraft-GegnerInnen stellt die Uran-Konversions-Anlage in Südfrankreich das erste Glied in der Kette von Uran-Verarbeitungsschritten in Europa dar. Diese Anlage sei eine "permanente Umwelt-Katastrophe" (Siehe auch unsere Artikel v. 31.10.14 und v. 9.11.14). "Wenn wir den Prozeß stoppen wollen, müssen wir verhindern, daß Uran überhaupt in der Konversions-Anlage ankommt," so eine der AktivistInnen. Weitere Glieder in der Uran-Verarbeitungs-Kette sind die Urananreicherungs-Anlage UAA Gronau in Westfalen und die Brennelementefabrik Lingen in Niedersachsen. Die Anti-Atom-Bewegung fordert schon lange deren Stilllegung, doch im sogenannten Atom-Ausstieg, der im Jahr 2011 versprochen wurde, ist dies nicht vorgesehen.

Die BlockiererInnen kritisieren, daß es bei den Verarbeitungsschritten des Urans von der Uranmine bis zur Brennelementefabrik zur Verstrahlung großer Gebiete und vieler Menschen kommt. Und dies geschehe nicht etwa allein bei sogenannten Störfällen, sondern permanent beim "normalen" Betrieb. "Große Mengen radioaktiven Materials befinden sich unter freiem Himmel und radioaktive Stoffe verteilen sich in der Luft und im Wasser. Besonders in den Abbaugebieten sterben viele Menschen, damit überall Atomanlagen betrieben und gebaut werden können. Aber auch in Narbonne lagert radioaktives Material in Schlammseen neben der Anlage und wird durch den Wind verteilt," erklären die Anti-Atom-AktivistInnen in einer Stellungnahme.

Blockade eines Uranzugs, Moseltalbrücke - Foto: urantransporte.de - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0

Eine der KletterInnen weist auf die Ursachen hin: "Bei der Atomenergie geht es vor allem um Macht und Geld. Staaten finanzieren, um Zugriff auf Atomwaffen und damit Einfluß auf die Welt zu haben, Unternehmen wollen Gewinn. Um sinnvolle Energieversorgung geht es dabei nicht."

Die Bundespolizei verbreitete heute die Falschmeldung, wonach es sich bei dem gestoppten Zug um einen "normalen Güterzug" gehandelt habe. Die Mainstream-Medien übernahmen dies unkritisch. Realsatire ist zugleich deren für die Kernkraftkirche unvorteilhafte Einordnung eines Uran-Transportes per Bahn als "unnormal". Die AktivistInnen fragten: "Geht es möglicherweise darum, legitimen und wichtigen Widerstand als unprofessionell und unwirksam zu diskreditieren?"

Die BlockiererInnen weisen zudem darauf hin, daß derzeit zahlreiche Vernetzungs-Camps stattfinden, auf denen sich Menschen zusammenfinden, um einen Ausstieg aus der fossilen und atomaren Energieproduktion zu erkämpfen. So fand Anfang August das Internationale Anti-Atom-Camp in Narbonne statt. Die AktivistInnen unter der Moseltalbrücke zeigen sich kämpferisch: "Der sofortige Ausstieg aus Atom- und Kohle-Energie ist alternativlos. Deswegen senden wir auch solidarische Grüße in den besetzten Hambacher Forst!"

 

LINKSZEITUNG

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Blockade eines Uran-Zugs
      bei Narbonne (15.04.17)

      UAA Gronau blockiert
      Realer Atom-Ausstieg gefordert (11.07.16)

      Protest-Aktion gegen Uran-Transporte
      durch Hamburger Hafen (10.11.14)

      Malvési, Plutonium
      und das Häuschen der Großmutter (9.11.14)

      Das undefinierbare strahlende Objekt
      in Narbonne-Malvési (31.10.14)

      Mehr als 988 Atom-Transporte in 2 Jahren
      Permanente Gefahr einer Katastrophe (13.07.14)

      Hamburg: Katastrophe nur
      knapp abgewendet (16.05.13)