8.07.2010

'stern' veröffentlicht
geheime Studie zu "Stuttgart 21"

Steilvorlage für GegnerInnen

historischer Stuttgarter Hauptbahnhof Hamburg (LiZ). "Stuttgart 21" verursacht "Konflikte zwischen Hauptbahnhof und Flughafen mit dem Regionalverkehr", führt zu "Engpässen" und ist "nicht kompatibel mit den angenom- menen Fernverkehrszügen". Dies geht aus einer dem 'stern' zugespielten und bislang von der baden-württembergischen Landesregierung geheim gehaltenen Studie des renommierten Züricher Verkehrsplanungsinstituts SMA hervor. Eine bessere Werbung für ihre Groß-Demo am Samstag hätten sich die GegenerInnen nicht ausdenken können. Der Widerstand gegen das schwäbische Prestige-Prokekt wächst. Es geht - nicht nur - um den Teilabriß des historischen Bahnhofsgebäudes.

Wie der 'stern'-Redakteur Arno Luik, dem die Studie vorliegt, schreibt, werden in der SMA-Studie zudem "Fahrzeitverlängerungen" beklagt, weil S-Bahnen die ICEs aufhielten. Das 60 Seiten starke Werk des führenden europäische Instituts für die Planung von Eisenbahnverkehr wurde von der Landesregierung im Jahr 2008 in Auftrag gegeben. Die SMA-ExpertInnen sollten vor allem die Fahrplankonsequenzen und -möglichkeiten von "Stuttgart 21" berechnen. Bei dem Projekt geht es um die Umwandlung des bisherigen Kopfbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof und die damit verbundene Neuordnung des gesamten Bahnknotenpunkts Stuttgart.

Das baden-württembergische Innenministerium wollte die unwillkommene Expertise auf ewig in der Schublade ruhen lassen. Nun wird dementiert und das Landesverkehrsministerium ließ verlauten: "Es war die Aufgabe von SMA, etwaige Schwierigkeiten, die sich ergeben könnten, frühzeitig aufzuzeigen, um auf dieser Grundlage dann auch Lösungen zu finden."

Doch die von der Schweizer SMA beschriebenen Probleme wie etwa Strukturengpässe am Übergang zwischen Neckartalbahn und Neubaustrecke und auf den Fildern wurden keineswegs gelöst. Dort werden sich - so denn "Stuttgart 21" für die Summe mehr als sieben Milliarden Euro jemals realisiert wird - sämtliche Zugarten auf eingleisigen und niveaugleichen Trassen in die Quere kommen.

Die Projektpartner Bahn, Land, Stadt und Region verweisen stets auf die Vorteile von "Stuttgart 21" für den Fern- und Regionalverkehr. Das Fazit der SMA-Studie fällt hingegen eindeutig negativ aus: Die SMA sieht für den künftigen Zugbetrieb ein "hohes Stabilitätsrisiko", die Infrastruktur von "Stuttgart 21" sei knapp dimensioniert und eine Gestaltung des Fahrplans "nur in sehr geringem Maß möglich." Am Ende stehen die fast verzweifelten Fragen der Schweizer GutachterInnen: "Letztes Wort bezüglich Infrastruktur-Dimensionierung gesprochen? Letztes Wort bezüglich Konzeption S-Bahn gesprochen?"

Besonders pikant ist, daß der neue Bahn-Chef Rüdiger Grube laut "Stern" die SMA-Studie nicht kennt. Grube sagte dem Magazin, er habe jedoch großes Vertrauen in seine Fahrplangestalter, das seien schließlich "absolute Experten". Grube kommt ebenso wie sein Vorgänger Hartmut Mehdorn aus der Flugzeugbranche. Von dort hatte Mehdorn das gesamte Führungspersonal rekrutiert.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unseren Artikel:

      Europäische Nachbarn bauen Eisenbahn aus
      In Deutschland wird das Schienennetz abgebaut
      (29.04.10)

      Verkehrssicherheit
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      'Robin-Wood'-Aktion gegen "Stuttgart 21"
      "Stuttgart verscherzt es sich - Zug um Zug" (2.02.10)

      Investitionen in Schienenverkehr:
      BRD ist ganz hinten in der EU (21.01.10)

      Bahn-Privatisierung abgesetzt
      Weltwirtschaftskrise rettet Deutsche Bahn (4.03.09)

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      (14.11.07)