4.09.2010

Weiterer Erfolg des Gorleben-Widerstands:
Verwaltungsgericht Lüneburg stoppt Datensammlung

CASTOR 2010 Lüneburg (LiZ). Erneut hatten AtomkraftgegenerInnen aus dem Wendland gegen die Polizei Erfolg. Das Verwaltungsgericht Lüneburg erklärte die Erfassung und Speicherung persönlicher Daten des Klägers Martin D. durch die Polizei für rechtswidrig. Die Daten müssen nun sowohl in der Staatsschutzdatei APS und in der Datenbank der Polizeidirektion Lüneburg "Castortransport- Isas" gelöscht werden. Auch die Weiterleitung dieser Daten an das bundesweite Datensystem der Staatsschutzes "Inpol" war rechtswidrig.

Verhandelt wurde vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg ein Vorkommnis aus dem Jahr 2006. Aus Protest gegen den zehnten Castor-Transport luden BäuerInnen zu einer Grillparty auf der B 191 in Pudripp ein. Gegen 20 Uhr standen 20 Traktoren im Kreuzungsbereich quer. Schnell staute sich dort der Verkehr. Die Polizei kesselte die Anwesenden ein, so daß sie der gleichzeitig ergangenen Aufforderung, die Straße frei zu machen, gar nicht mehr nachkommen konnten. Die Trecker wurden beschlagnahmt und die Anwesenden wegen des Vorwurfs der "Nötigung" erkennungsdienstlich und videographisch (mit Bild- und Sprachprobe) behandelt, was sich bis ein Uhr nachts hinzog.

Unter den Festgehaltenen befand sich auch der stellvertretende Landrat Martin D. aus Fließau. "Ich kam zufällig auf das Demo-Geschehen hinzu, parkte mein Auto ordnungsgemäß am Straßenrand und wurde von der Polizei zu den CASTOR-Gegnern durchgelassen - dann hieß es plötzlich, mitgefangen, mitgehangen - unter Protest mußte ich die Prozedur über mich ergehen lassen." Was Martin D. am Rande mitbekam: "Behauptet wurde seitens der Polizei, diese Maßnahmen seien zur Strafverfolgung unabdingbar gewesen. Augenzeugen berichten über pikante Details, daß nämlich die Polizei Brummifahrer aufgefordert hat, Strafanzeige wegen Nötigung zu stellen."

Erst später wurde bekannt, daß die in Pudripp erhobenen Daten, die nach Angaben der Polizei ja ausschließlich zur Strafverfolgung erhoben wurden, in diversen Dateien gespeichert beziehungsweise weitergeleitet wurden.

Die Polizeidirektion Lüneburg kündigte zu Beginn der Verhandlung am Dienstag, 31. August, an, den Datenbestand des Klägers freiwillig zu löschen, doch Rechtsanwalt Sönke Hilbrans bestand im Namen seines Mandanten darauf, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Mit dem gewünschten Resultat: die Datensammelwut der Polizei war rechtswidrig, entschied das Lüneburger Verwaltungsgericht.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg fordert nun, daß auch die Daten aller insgesamt 313 Anwesenden der Grillparty gelöscht werden. Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative erklärte: "Das ist die vierte Niederlage in Folge vor Gericht für die Polizei. Filmen, videographische Erfassung, Kostenbescheide, Ingewahrsamnahmen…- wenn der Polizei immer wieder bescheinigt wird, daß sie rechtswidrig handelt, wirft das grundsätzliche Fragen auf. Wir hingegen bestehen auf dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Das ist zu schützen und nicht die Durchsetzung von CASTOR-Transporten."

In diesem Jahr wird für Anfang November der mittlerweile zwölfte CASTOR-Transport nach Gorleben erwartet. Mit dem Parken von nunmehr 91 CASTOR-Behältern in einer oberirdischen Leichtbauhalle soll politischer Druck in Hinsicht auf eine Genehmigung des Gorlebener Salzstocks als Endlager ausgeübt werden. Mit den CASTOR-Blockaden zeigt die Anti-Atom-Bewegung nicht nur ihren Widerstand gegen das unverantwortliche Hin- und Herschieben von radioaktivem Müll, sondern kann ihrerseits die politischen und finanziellen Kosten für die weitere Verzögerung eines Atom-Ausstiegs in die Höhe treiben.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      CASTOR-GegnerInnen siegen
      vor Bundesverfassungsgericht (26.08.10)

      CASTOR im November
      Erste Vorbereitungen (20.07.10)

      Unsinniger CASTOR-Transport
      von Hamburg nach Südfrankreich (15.06.10)

      CASTOR nach Gorleben genehmigt
      Widerstand angekündigt (3.05.10)

      Der Endlager-Schwindel
      Greenpeace veröffentlicht Akten zu Gorleben (13.04.10)

      Protest gegen Atommüll-Transport nach Rußland
      Greenpeace-Aktion in der Nordsee (10.04.10)

      In Asse II wird probegebohrt
      Weitere Zeitverzögerung vor der Rückholung (27.03.10)

      Atomenergie ist sicher?
      Autobahnpolizei stoppt Horror-Transport (11.03.10)

      Atommüll-Transporte
      Glaskokillen nicht stabil (5.02.10)

      Einsturzgefahr im "Versuchs-Endlager" Asse II
      Atommüll wird rückgeholt (15.01.10)

      Endlager-Standort Gorleben
      Bei der Auswahl spielte Geologie kaum eine Rolle
      (10.01.10)

      Atom-Ausstieg selber machen!

      Der deutsche "Atom-Ausstieg"
      Folge 2 der Info-Serie Atomenergie

      Das ungelöste Problem der Endlagerung
      Info-Serie Atomenergie - Folge 12

      Info-Serie Energiewende
      Folge 1