20.07.2011

Kenia verbrennt Elfenbein
Elefanten-Wilderei nimmt überhand

Elfenbein-Verbrennung in Kenia, 1989 Nairobi (LiZ). Heute verbrennt die kenianische Regierung im Tsavo Nationalpark rund fünf Tonnen beschlagnahmtes Elfenbein. Diese Aktion knüpft an die Verbrennung vor 22 Jahren an, die weltweit Aufsehen erregt hatte. Wenige Monate darauf wurde im Jahr 1989 ein weltweites Handelsverbot für Elfenbein beschlossen. Doch seit 1997 wurde dieses Abkommen immer wieder aufgeweicht und die Wilderei nahm dramatisch zu.

Bei den fünf Tonnen Elfenbein, die heute verbrannt werden, handelt es sich um illegale Ware, die in Singapur beschlagnahmt wurde. Mit der Aktion will Kenia die Weltöffentlichkeit aufrütteln. Schätzungen zufolge wurden im Jahr 2009 rund 38.000 Elefanten in Afrika getötet. "Die Wilderei von Elefanten droht erneut zu eskalieren," so Daniela Freyer, Expertin der Artenschutz-Organisation 'Pro Wildlife'.

1989 beschloß das Washingtoner Artenschutzübereinkommen ein Verbot des internationalen Elfenbeinhandels. Die Elfenbein-Preise sanken ins Bodenlose, die Absatzmärkte in Europa und den USA brachen zusammen - die Wilderei ging deutlich zurück. Doch einige Regierungen forderten bereits acht Jahre später, den Handel wieder aufzunehmen. Es kam zu "Ausnahme"-Regelungen. Im Jahr 2000 exportierten drei afrikanische Länder 50 Tonnen Elfenbein aus staatlichen Lagerbeständen nach Japan, 2008 nochmals 108 Tonnen nach Japan und China. Darüber hinaus dürfen Simbabwe und Namibia Elfenbein-Schnitzereien zu "nicht kommerziellen Zwecken" exportieren. Diese "Ausnahmen" von dem generellen Verbot des Elfenbeinhandels untergraben den Elefantenschutz, denn eine Unterscheidung zwischen legalem und illegalem Elfenbein ist häufig nicht möglich.

Elfenbeinschmuggel und Wilderei haben in den vergangenen Jahren in beängstigendem Maße zugenommen. Der legale Handel bietet einen Deckmantel für illegale Händler: Für SchmugglerInnen ist es ein leichtes, ihre blutige Ware als "legal" auszugeben. Derzeit fallen jährlich weit über 30.000 Elefanten der Wilderei zum Opfer. Im Jahr 2009 wurden mehr als 25.000 Kilogramm illegales Elfenbein beschlagnahmt; über die Hälfte davon stammte aus Tansania. Doch nur ein Bruchteil des illegal gehandelten Elfenbeins wird beschlagnahmt. ExpertInnen gehen davon aus, daß rund 90 Prozent unentdeckt bleiben. Elfenbein erzielt in Asien wieder Rekordpreise.

Fast täglich werden neue Fälle von Wilderei und Elfenbeinschmuggel bekannt: Am 19. Juli nahmen die Behörden in Namibia vier Männer mit acht Stoßzähnen fest - sie hatten die Elefanten offenbar in einem Nationalpark in Botswana getötet. Einen Tag zuvor wurden in Kenia drei Männer mit 41 Elefanten-Stoßzähnen verhaftet. Im Gonarezhou National Park in Simbabwe wurden allein im vergangenen Monat zehn Elefanten gewildert.

Beschlagnahmen in den vergangenen 18 Monaten (Auswahl):

  • 24. Februar 2010: 2 Tonnen Elfenbein (239 Stoßzähne) in Thailand
  • 17. April 2010: 1,4 Tonnen Elfenbein (296 Stoßzähne) in Thailand;
  • 4. Mai 2010: 2,2 Tonnen Elfenbein in Vietnam
  • 21. August 2010: 2 Tonnen Elfenbein (317 Stoßzähne) in Kenia
  • 12. September 2010: 1,55 Tonnen Elfenbein in China
  • 1. April 2011: 2 Tonnen Elfenbein (247 Stoßzähne) aus Kenia, in Thailand
  • 5. Mai 2011: 1,3 Tonnen Elfenbein in Kenia

Elefant "Vor 30 Jahren gab es in Afrika noch 1,2 Millionen Elefanten, seither ist der Bestand um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Lebensraumzerstörung und Wilderei sind hierfür verantwortlich," berichtet Freyer. In den Jahren 2002 und 2008 verkauften einige afrikanische Staaten Elfenbein aus Lagerbeständen nach Japan und China. "China ist zugleich der größte illegale Absatzmarkt für Elfenbein. Einer Elfenbein-Schnitzerei sieht man nicht an, ob sie aus legaler oder illegaler Quelle stammt. Bei den riesigen Gewinnspannen im Elfenbeinhandel wird somit jede Lockerung des Handels zur Gefahr für die Elefanten," so die 'Pro-Wildlife'-Sprecherin. "Elfenbeinhandel muß wieder ganz strikt verboten werden." Auch eine Mehrheit der afrikanischen Regierungen spricht sich für einen konsequenten Elefantenschutz aus. Auf der WA-Konferenz im März 2010 scheiterten wegen der bis dahin massiver Wilderei und Problemen im Artenschutzvollzug die Pläne Tansanias und Sambias, über 100 Tonnen Elfenbein nach Asien zu verkaufen.

Bereits im Zeitraum zwischen 1979 und 1989 sanken die Elefanten-Bestände in Afrika von etwa 1,2 Millionen auf 600.000. Heute gilt nur ein Bestand von 470.000 Tieren als gesichert.

Die heutige Aktion in Kenia ist eine gemeinsame Aktion der kenianischen Artenschutzbehörde Kenya Wildlife Service und der Lusaka Agreement Task Force, einem Bündnis afrikanischer Staaten gegen den illegalen Wildtierhandel. Umwelt- und ArtenschützerInnen hoffen auf eine ebenso starke internationale Reaktion wie vor 22 Jahren.

 

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