Hamburg (LiZ). Die deutsche Bundesregierung läßt der Kosmetik-Industrie weiterhin freie Hand beim Einsatz von Mikro-Plastik in Haut-Cremes, Dusch-Gels und Zahncremes. Dabei sprachen sich bei einer Umfrage, die Greenpeace in Auftrag gab, 83 Prozent der Deutschen gegen den Einsatz von Kunststoffen in Kosmetik-Produkten aus. Und seit langem ist bekannt, daß Mikro-Plastik bis in die Meere gelangt, in den Mägen von Fischen und Seevögeln und im Sand der Strände nachgewiesen wurde.
 
Schon 2009 machte Werner Boote mit seinem Dokumentarfilm 'Plastic Planet' darauf aufmerksam, daß der "zivilisatorische" Plastik-Müll massiv die Weltmeere belastet. Längst besteht der Sand am Grunde der Meere und an den Stränden bereits zu einem gewissen Prozentsatz aus Kunststoff. Seevögel wie der Albatros fressen oder verfüttern das Plastik als vermeintliche Nahrung an ihre Küken. So verenden jährlich über eine Million Seevögel am Plastikmüll. Zwischen Kalifornien und Hawaii hat sich in der Meeresströmung ein Strudel aus drei Millionen Tonnen Plastikmüll gebildet. In den vergangenen 50 Jahren ist er nahezu unbeachtet auf eine Fläche von der Größe Mitteleuropas angewachsen (Siehe unsere Artikel v. 21.12.15 und v. 22.08.09).
Doch die Bundesregierung läßt den Konzernen nach wie vor freie Hand. Die sogenannte Umwelt-Ministerin Barbara Hendricks protegiert auch die Produzenten von Plastiktüten. Entgegen einem weltweiten Trend zum Verbot der umweltschädlichen Erdöl-Produkte wird in Deutschland mit der "freiwilligen Selbstverpflichtung" Tatkraft lediglich vorgespiegelt. Und frech behauptete "Schwarz-Rot" vor kurzem, es lägen keine Erkenntnisse darüber vor, welche Meinung die BundesbürgerInnen zur Problematik des in Kosmetika enthaltenen Mikro-Plastik haben. Greenpeace sorgte nun für Nachhilfe und gab eine Umfrage beim Meinungsforschungs-Institut Emnid in Auftrag.
Gefragt wurde unter anderem: Was halten Sie von festen oder flüssigen Kunststoffen in Kosmetik-Produkten? Können Sie feststellen, ob ein Produkt Kunststoff enthält? Wünschen Sie sich eine eindeutige Kennzeichnung für Plastik in Kosmetik? Sollten die Hersteller dieser Produkte auf Plastik in fester, flüssiger und anderer Form verzichten? Sollten sie vielleicht sogar gesetzlich dazu verpflichtet werden?
83 Prozent der Deutschen erwarten demnach von der Kosmetik-Industrie, daß sie auf Kunststoffe in fester, flüssiger oder anderer Form in ihren Produkten verzichtet. Knapp drei Viertel befürworten sogar ein generelles Verbot von Plastik in Pflegeprodukten.
Von einer entsprechenden Gesetzgebung will Ministerin Hendricks bislang nichts wissen. Greenpeace kritisiert den sogenannten Kosmetikdialog zwischen Bundesregierung und Industrie, bei dem es unter anderem um einen freiwilligen Verzicht auf Mikro-Plastik in Kosmetikprodukten geht. Dies sei lediglich eine Minimallösung – und bei weitem nicht ausreichend.
Flüssige, gel- und wachsartige Kunststoffe sind im vorhandenen, aber löchrigen Regelwerk überhaupt nicht berücksichtigt. Es gibt keine Verfahrensweise für die Importwaren internationaler Hersteller. Und Greenpeace weist zudem darauf hin, daß der Zeitrahmen für die Umstellung zu weit gesteckt ist. "Bislang legen sich die Hersteller ihre freiwillige Selbstverpflichtung so aus, wie es ihnen am besten paßt," sagt Thilo Maack, Greenpeace-Experte für Meere. Darum fordert Greenpeace eine umfassende gesetzliche Lösung für das Problem. Handelt die Regierung nicht, verschlechtert sich die Situation in den Meeren zusehends.
An die Verantwortung der VerbraucherInnen zu appellieren, ist laut Greenpeace nicht ausreichend. Dafür sei die Thematik häufig zu komplex. Drei Viertel der Befragten der Emnid-Umfrage wissen nicht, wie man anhand der Verpackung erkennt, ob ein Gel oder eine Lotion Plastik enthält. "Kein Wunder", sagt Maack, "als Verbraucher müsste man Chemieexperte sein, um im Kleingedruckten die Kunststoffe herauszulesen."
Eine Alternative bietet hier die Bio-Kosmetik (Siehe unseren Artikel v. 21.02.16). Diese garantiert nicht nur einen Verzicht auf Rohstoffe aus der chemischen Produktion, sondern bietet zugleich Sicherheit vor hormonell wirksamen Inhaltsstoffen. Wie eine Untersuchung der Umwelt-Organisation 'Global 2000' ergab, ist allerdings in Reformhäusern das Angebot von Bio-Kosmetik und von konventioneller Kosmetik oft nicht klar getrennt. Zu empfehlen ist also – ebenso wie im Lebensmittelbereich – der Einkauf im Bioladen.
 
 
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
       Hormongifte in Lebensmitteln 
       Gefährliche Rückstände aus Pestizid-Einsatz (16.12.16)
       Nitrat: EU verklagt BRD 
       Zu viel Gülle im Grundwasser (7.11.16)
       Gen-Pollen und Glyphosat häufig im Honig 
       "Ungenügend" für Honig von Aldi (1.11.16)
       Bio-Landwirtschaft wächst 
       sogar in Deutschland ein wenig (14.10.16)
       Boom bei Bio-Lebensmitteln in den USA 
       mit Schattenseite (17.06.16)
       Glyphosat in konventionellem Wein 
       und Traubensaft (12.05.16)
       Nitrat im Grundwasser 
       EU verklagt Deutschland (29.04.16)
       Kein Bio-SojaDrink mehr in Pfandflaschen 
       Nur noch im umweltschädlichen Tetra-Pack (27.04.16)
       Feminismus und Agrar-Wende 
       passen gut zusammen (8.03.16)
       Glyphosat in vielen Lebensmitteln 
       Bundesregierung verharmlost Pestizid (27.02.16)
       Pestizid in deutschen Bieren 
       Rein trotz Glyphosat? (25.02.16)
       Global 2000: Naturkosmetik-Check 
       Frei von hormonell wirksamen Stoffen (21.02.16)
       20.000 in Berlin 
       gegen industrielle Landwirtschaft (16.01.16)
       Ausrottung der Vögel in Deutschland 
       macht Fortschritte (30.10.15)
       Bienensterben, Pestizide und Gen-Mais 
       US-Regierung unterdrückt Forschung (29.10.15)
       Pestizid-Fraß im US-Kongress 
       Cafeteria serviert Neonicotinoide (8.08.15)
       Wachsender Widerstand in Ghana 
       gegen "Monsanto-Gesetz" (1.06.15)
       March against Monsanto 
       Hunderttausende demonstrieren weltweit (26.05.15)
       EU-Kommission pusht Gen-Technik 
       19 genmanipulierte Pflanzen zugelassen (24.04.15)
       Pestizide für Bienensterben ursächlich 
       Industrielle Landwirtschaft zerstört Lebensgrundlagen
       (5.03.15)
       Vorreiter der Umweltzerstörung 
       Bericht der Europäischen Umweltagentur (5.03.15)
       Wald-AIDS 2014 
       Zustand zwischen Leben und Tod (11.02.15)
       Industrielle Landwirtschaft 
       rottet Hamster aus (10.02.15)
       "Wir haben es satt!" 
       45.000 für eine Agrar-Wende (17.01.15)
       Zweiter Planet im Kofferraum? 
       Bodenatlas 2015 wenig hoffnungsvoll (8.01.15)
       Industrielle Landwirtschaft gefährdet Grundwasser 
       Strenge Düngeverordnung gefordert (24.10.14)
       Industrielle Landwirtschaft tötet 
       Fischsterben in der Elbe (24.07.14)
       Warnung vor Gentech-Landwirtschaft 
       wegen steigendem Pestizideinsatz (26.06.14)
       Todeszonen der Ostsee weiten sich aus 
       Bundesregierung untätig (17.06.14)
       Europas Flüsse stärker mit Chemie belastet 
       als bislang angenommen (16.06.14)
       Industrielle Landwirtschaft treibt 
       Klimakatastrophe voran (17.04.14)
       Bienensterben international 
       Industrielle Landwirtschaft untergräbt Lebensgrundlagen
       (7.04.14)
       Wald-AIDS 2014 
       Zustand schlechter - nicht besser (10.03.14)
       Agrar-Wende - Erneuern sich 
       die Pseudo-Grünen von unten? (27.01.14)
       Das Aussterben der Bienen kann 
       plötzlich und ohne Vorwarnung kommen (6.01.14)
       Honig darf verunreinigt werden 
       Bundesverwaltungsgericht läßt Gen-Kontamination zu
       (25.10.13)
       Nitrat-Belastung im deutschen Grundwasser 
       verschlechtert sich dramatisch (19.10.13)
       Flächenfraß 
       Täglich 74 Hektar mehr Siedlungs- und Verkehrsfläche
       (13.10.13)
       Agrar-Subventionen 
       BUND fordert Neuausrichtung (28.08.13)
       Jugend mag Bio 
       23 Prozent kaufen häufig Bio-Lebensmittel (20.08.13)
       VGH-Urteil: Natürliches Mineralwasser 
       darf Pestizide enthalten (2.08.13)
       Chemie in Obst und Gemüse 
       Nur Bio-Lebensmittel unbelastet (17.06.13)
       Phosphat-Dünger 
       Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (7.05.13)
       Bio-Lebensmittel: Die Produktion in Deutschland 
       hinkt der Nachfrage hinterher (6.05.13)
       Bienen und Wildinsekten sind überlebenswichtig 
       Industrielle Landwirtschaft ohne Zukunft (27.02.13)
       Dem deutschen Wald geht es schlechter 
       als in den 1980er-Jahren (4.02.13)
       Pestizide vernichten Amphibien 
       Umweltbundesamt fordert Beschränkungen (1.02.13)
       Demo in Berlin für Agrar-Wende 
       25.000 erklären: "Wir haben es satt" (19.01.13)
       Umweltverbände: Aigners Pestizid-Aktionsplan
       ist "mangelhaft" (25.10.12)
       EU-Kommission versucht Gen-Honig
       durch die Hintertür einzuschmuggeln (24.10.12)
       Bio-Lebensmittel
       - nur ein Mythos? (4.09.12)
       Flächenfraß weiter lebensgefährlich
       BUND fordert Biotopverbund (17.07.12)
       Bio-Landwirtschaft
       Volkswirtschaftlich kostengünstiger (30.04.12)
       Artenvernichtung
       Osterhase gefährdet? (4.04.12)
       Greenpeace deckt auf
       Pestizide in Obst und Gemüse (26.03.12)
       Wald-AIDS greift um sich
       Zustand der Buchen auf historischem Tiefpunkt (2.02.12)
       Gartenrotschwanz bald ausgerottet
       Vogel des Jahres 2011 (9.10.11)
       Merkel degradiert Wald zum Rohstofflieferanten
       Wald-AIDS in den Medien nahezu vergessen (21.09.11)
       Giftige Grünalgen an der bretonischen Küste
       Sarkozy: "Industrielle Landwirtschaft unschuldig"
       (29.07.11)
       Neu im Supermarkt:
       Pestizid-Cocktail mit Johannisbeeren
       Nur Bioläden stehen abseits (27.07.11)
       Uran im Trinkwasser
       foodwatch kritisiert neuen Grenzwert (29.11.10)
       Appell gegen Massentierhaltung
       Für eine Agrar-Wende (23.11.10)
       Die Ostsee stirbt
       Mord per Ackerbau und Viehzucht (27.07.10)
       Erfolg der Bio-Landwirtschaft
       mit Artenvielfalt statt Pestiziden (5.07.10)
       Greenpeace: Salate nach wie vor
       stark mit Pestiziden belastet (3.02.10)
       Bio-Landwirtschaft
       Option für Klimaschutz
       und Sicherung der Welternährung (26.01.10)
       Gentechnik erhöht Pestizidverbrauch
in den USA
       US-Landwirtschaft benötigte 145.000 Tonnen mehr
       (18.11.09)
       Plastik-Reste bedrohen die Weltmeere
       Riesige schwimmende Müllhalden (22.08.09)
       Bundesregierung unterliegt: 
       Liste der Agrar-Subventionen endlich öffentlich (9.06.09)
       Die Ostsee stirbt
       Immer weniger Schweinswale (28.01.09)
       Wald-AIDS auch in den USA 
       Sterberate in 20 Jahren verdoppelt (24.01.09)
       Steigende Pestizidbelastung
       bei konventionellem Obst und Gemüse
       Politik fördert weiterhin einseitig
       agro-industrielle Landwirtschaft (24.07.08)
       Greenpeace prangert Chemie-Konzerne an
       Umweltgefahren durch Pestizide (16.06.08)
       Umweltverbrechen Mais-Anbau
       Nitrat und Pestizide verseuchen das Grundwasser
       (18.05.08)
       Bayer-Chemikalie Clothianidin gestoppt
       Zusammenhang mit Bienensterben
       nun doch nachgewiesen (17.05.08)
       Bayer-Chemikalie Clothianidin in toten Bienen
       Angeblich "kein klarer Zusammenhang" (9.05.08)
       Bio-Mandarinen deutliche besser
       Pestizid-Cocktail auf "normalen" Mandarinen (25.11.07)
       Die Ostsee stirbt
       Gabriel desinteressiert (15.11.07)
       Die Ostsee stirbt
       Deutschland schaut zu (28.09.07)
       Schmetterlinge in Deutschland
       80 Prozent vom Aussterben bedroht (13.04.05)
       Eisbär leidet unter Pestiziden (13.09.04)
       Paprika mit Pestiziden
       Greenpeace enthüllt fortlaufendes Versagen von Künast
       (2.07.04)
       Agrar-Wende
       Nichts als heiße Luft (24.01.04)
       Bio-Landbau wächst (24.11.03)
       Obst- und Gemüse
       aus dem Bio-Laden (21.09.03)
       Bienensterben
       und noch ein Insektizid (14.08.03)
       Apollofalter 
       the scream of the butterfly (19.05.03)