11.04.2010

Griechenland brennt
EU-Feuerwehr mit 30 Milliarden Euro

Weltwirtschaftskrise Nikosia (LiZ).
Der zyprische Finanzminister Charilaos Stavrakis gab heute (Sonntag) bekannt, daß sich die EU nun doch kurzfristig auf eine Nothilfe für die griechische Regierung in Höhe von 30 Milliarden Euro verständigt habe. Laut Gerüchten, die von der Nachrichtenagentur 'reuters' verbreitet werden, ist in Berliner Regierungskreisen von einem "Feuerwehreinsatz" die Rede. Am Freitag hatte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy noch gesagt, die Finanzminister der Euro-Länder wollten die Details der Nothilfe erst bei ihrem regulären Treffen am 16. April in Madrid klären.

Stavrakis sagte gegenüber JournalistInnen in Nikosia, er habe sich mit den Finanzministern der übrigen 14 Staaten der Eurozone in einer Telefonkonferenz auf die Konditionen einer Nothilfe in Höhe von 30 Milliarden Euro für die griechische Regierung geeinigt. Ein Teil der Finanzmittel werde vom Internationalen Währungsfonds (IWF) beigesteuert. Griechenland ist mit rund 300 Milliarden Euro verschuldet. Die Staatsschulden Deutschlands belaufen sich derzeit auf insgesamt 1.700 Milliarden Euro.

Im Laufe des Nachmittags meldete sich der Vorsitzende der Finanzministerrunde, Jean-Claude Juncker. Er korrigierte die bislang von Bundekanzlerin Angela Merkel als Bedingung für eine Nothilfe genannte Orientierung des Zinssatzes am derzeitigen Markniveau von über 7 Prozent. Als Reaktion auf den Druck der internationalen SpekulantInnen wurde nun ein Zinssatz vereinbart, der sich am Durchschnitt der vergangenen Monate orientiere. Griechenland müsse für die 30 Milliarden Euro bei drei Jahren Laufzeit lediglich rund fünf Prozent zahlen. Dies bedeutet dann jedoch einen Vertragsbruch, denn mit der Einführung des Euro wurde - nicht ohne Grund - vertraglich vereinbart, daß jeder Staat die eigenen Finanzprobleme ohne die Hilfe der übrigen Euro-Staaten bewältigen müsse.

Im Moment scheint noch die Hoffnung zu bestehen, daß die griechische Regierung auch in den kommenden Tagen an ihrer bislang zur Schau gestellten heroischen Haltung festhalten kann, keine Nothilfe zu beanspruchen zu wollen. Junker erklärte, die heute beschlossene Nothilfe "dürfte zur Beruhigung der Märkte beitragen." Doch dabei handelt es sich um Pokern mit dem Rücken an der Wand. Schon am Dienstag wird es zu einer Probe aufs Exempel kommen, denn dann will sich die griechische Regierung versuchen, am Markt für Staatspapiere Kredite über 1,2 Milliarden Euro zu erhalten. Finden sich nicht genügend SpekulantInnen für die wenig verlockenden staatlichen Pfandbriefe oder steigen die Zinsen trotz der heute verkündeten Beschlüsse, bedeutet dies die Staatspleite. Dann kann sich die griechische Regierung nicht länger zieren, die EU-Nothilfe anzunehmen.

Ob sich die SpekulantInnen von den heute verkündeten Beschlüssen beeindrucken lassen und der griechischen Regierung mit weiteren Krediten aushelfen, erscheint derzeit äußerst fraglich. Der mit 30 Milliarden Euro gefüllte Wassertank der "Feuerwehr" reicht nicht einmal zum Löschen des allein für das Jahr 2010 anstehenden Brandes aus, der selbst nach optimistischen Schätzungen das doppelte Volumen erfordern wird. Die Dimension der derzeit lawinenartig anwachsenden Probleme zeigt sich aktuell in Lettland. Der mit einem 7,5-Milliarden-Euro-Kredit vor der Staatspleite gerettete Staat muß sich zur Finanzierung seines Haushalts neben den kläglichen Steuereinnahmen völlig auf diesen Kredit stützen.

 

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Anmerkungen

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