13.12.2014

Greenpeace Energy setzt auf Wasserstoff
"Windgas" strömt in die Gas-Netze

Drehen den Hahn auf: Enertrag-Chef Jörg Müller, Sönke Tangermann von Greenpeace Energy und Ralf Borschinsky von Ontras Gastransport (v. l.) schließen das Prenzlauer Hybridkraftwerk an das Erdgas-Netz an.
Prenzlau (LiZ). Gas-KundInnen von Greenpeace Energy heizen und kochen ab sofort auch mit Wasserstoff. Dieser wird klimaneutral mit Windstrom hergestellt. Im brandenburgischen Prenzlau ist jetzt das Hybridkraftwerk des Windenergie-Unternehmens Enertrag an das nationale Gas-Netz der Ontras angeschlossen worden.

Gas-KundInnen der Energie-Genossenschaft Greenpeace Energy erhalten ab sofort auch Wasserstoff, der klimaneutral mit Hilfe der erneuerbaren Energie des Windes hergestellt wird. Im brandenburgischen Prenzlau ist jetzt das Hybridkraftwerk des Windenergie-Unternehmens Enertrag an das nationale Gas-Netz der Ontras angeschlossen worden. Über eine kurze Stichleitung wird das "Windgas" ins öffentliche Gas-Netz eingespeist. Das uckermärkische Unternehmen Enertrag will zusammen mit Greenpeace Energy beweisen, daß erneuerbare Energien in der Lage sind, eine dauerhafte Grundversorgung zu sichern - also auch, wenn Flaute ist oder zu viel Wind weht.

Wasserstoff als schadstofffreier Energieträger dient dazu, die Energie aus überschüssigem Windstrom in Spitzenzeiten zu speichern. Er wird über die Elektrolyse von Wasser erzeugt und in Tanks zwischengespeichert. Und als bislang wenig beachteter riesiger Energie-Speicher dient das Gas-Netz. Die Mischung mit Erdgas ist völlig unproblematisch. Auch umgekehrt funktioniert die Energieumwandlung verblüffend einfach: Bei Windflaute wird der Wasserstoff in Strom verwandelt und fließt so ausgleichend ins Strom-Netz. So ist das Hybridkraftwerk in der Uckermark in der Lage, permanent zu liefern.

Doch der schadstofffreie grüne Wasserstoff kann noch mehr. Er dient - wie seit langem Erdgas - dazu, Häuser zu beheizen und am Herd umweltfreundlich statt mit Strom zu kochen. Und er kann zudem zum Antrieb von Motoren - auch in Autos - genutzt werden. Hierzu ist nicht einmal die wenig zukunftsträchtige Brennstoffzelle nötig - viel einfacher: konventionelle Benzinmotoren können ohne großen Aufwand auf Wasserstoff umgestellt werden. Dies würde eine viel breitere Umstellung ermöglichen als bei einem Umstieg der Auto-Antriebstechnologie auf Brennstoffzelle oder Elektromotor. Denn diese beiden Alternativen sind keine Option für Gebrauchtwagen, sondern könnten allenfalls beim Einsatz in Neuwagen in einem jahrzehntelangen Umwälzprozeß den Markt erobern. Wenn sich Wasserstoff als Treibstoff für Autos durchsetzt, können mit Wasserstoff aus erneuerbaren Energien - nicht nur aus Windkraftanlagen, sondern auch aus Photovoltaik- und Wasserkraft-Anlagen - die Mineralöl-Konzerne vom Markt gefegt werden (Siehe auch unseren Artikel v. 3.11.07).

Ein Meilenstein für die deutsche Energie-Wende

Ab heute können nun Brandenburger VerbraucherInnen mit Prenzlauer Wasserstoff kochen oder heizen. Das Enertrag-Hybridkraftwerk erzeugt Wasserstoff und zugleich Strom und Wärme. Rund 120 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde kann Prenzlau einspeisen - hochgerechnet rund einer Million Kubikmeter pro Jahr. Enertrag-Vorstandsvorsitzender Jörg Müller freut sich: "Mit dem nun realisierten Wasserstoff-Gas-Netzanschluß setzen wir einen weiteren Meilenstein für die deutsche Energie-Wende. Die System-Integration der fluktuierenden erneuerbaren Energien braucht jedoch stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen, um die Power-to-Gas-Technologien weiter an den Markt heranzuführen. Hier ist die Politik dringend gefordert."

Auch Ralf Borschinsky von Ontras Gastransport freut sich, bereits zum zweiten Mal als Projektpartner die Einspeisung von Wasserstoff einer P2G-Anlage in Deutschlands zweitgrößtes Gas-Netz realisieren zu können: "Wenn Windkraft zu Wasserstoff oder zu synthetischem Methan umgewandelt und in unser Netz eingespeist wird, haben wir eine technisch ausgereifte und wirtschaftlich entwickelbare Lösung für die nachhaltige Nutzung von volatiler regenerativer Energie," erläutert Ontras-Geschäftsführer Uwe Ringel. Er wünscht sich, daß die Finanzierung der Power-To-Gas-Technologie und ihre Systemintegration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gerecht auf alle Energiekunden verteilt wird statt wie bisher nur auf die Gas-KundInnen: "Power-to-Gas ist ein wesentlicher Baustein zum notwendigen Umbau unserer Energiewirtschaft und zum erfolgreichen Gelingen der Energie-Wende."

Suitbert Krämer und Beate Schulz nutzen den Gas-Mix aus Wasserstoff und Erdgas. Das Paar betreiben eine Bio-Bäckerei in Prenzlau. Sie gehören zu den KundInnen von Greenpeace Energy, dem ersten Energieversorger, der seit 2011 die "Windgas"-Technologie fördert. Über einen Zusatzbeitrag haben sie bislang die Entwicklung mitfinanziert. Jetzt fließt der aus dem uckermärkischen Wind erzeugte Wasserstoff, dessen Anteil das Unternehmen in den nächsten Jahren langsam erhöhen will.

Als erster Energieversorger bietet Greenpeace Energy seit 2011 mit "proWindgas" einen Gas-Tarif an, der die Windgas-Technologie fördert. Die KundInnen haben bislang Erdgas erhalten und einen Förderbeitrag gezahlt, den Greenpeace Energy in die Windgas-Technologie investiert hat.

"Der Beginn der Einspeisung ist ein Meilenstein für unsere Genossenschaft und für die Energie-Wende, auf den wir lange hingearbeitet haben. Gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden haben wir es geschafft, daß diese tolle Idee zur Realität wird," sagt Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy. "Auch in Zukunft wollen wir die Entwicklung von Windgas weiter vorantreiben." Der Abnahmevertrag zwischen Enertrag und Greenpeace Energy sieht vor, daß in den Jahren 2015 und 2016 rund 800 Megawattstunden für die Gas-KundInnen von Greenpeace Energy eingespeist werden. In den darauffolgenden beiden Jahren soll die eingespeiste Menge auf ungefähr 1 Gigawattstunde steigen.

Doch dem Zuwachs weiterer Hybridkraftwerke stehen noch etliche Hürden gegenüber. Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy, fordert einen Einspeise-Anspruch in alle Erdgas-Netze. Das Beimischungsverhältnis von Wasserstoff müsse erweitert und der Strom aus den Elektrolyse-Anlagen ohne unnötige Nebenkosten erzeugt werden. Aus technischen Gründen kann der Wasserstoff bislang aber nur in begrenzten Mengen beigemischt werden.

Derzeit lässt Ontras jährlich 135 Millionen Kubikmeter Biogas aus 17 Anlagen in Ostdeutschland ins Fern-Gas-Netz einspeisen. Mit der Energie können 90.000 Einfamilienhäuser voll versorgt werden. Hinzu kommt nun der erneuerbare Wasserstoff aus Prenzlau und einer weiteren Anlage im brandenburgischen Falkenhagen. Der dritte Standort in Grapzow in Mecklenburg-Vorpommern soll 2015 folgen.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

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      Gabriel blockiert Energie-Wende
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